Als vor 40 Jahren die Drei-Punkte-Linie eingeführt wurde, veränderte dies die NBA für immer. Doch zuvor protestierte die halbe Liga gegen die Regel­änderung. Ohne Erfolg. Der Dreier kam, und das Spiel war plötzlich ein anderes.

Mit acht Punkten liegen die Houston Rockets zurück, es sind noch 37 Sekunden zu spielen, als Tracy McGrady aus dem Dribbling hoch steigt und einen tiefen Dreier versenkt. An der Niederlage ändert das nichts, da sind sich im Toyota Center alle einig. Zumal Spurs-Guard Devin Brown in der Folge zwei Freiwürfe für sein Team verwandelt. Doch ­T-Mac hat noch Lust auf Basketball, schnappt sich den Spalding, dribbelt nach vorne – und versenkt den nächsten „Threeball“! Plus And-One. So langsam liegt was in der Luft!

Zwei versenkte Duncan-Freiwürfe? Kein Problem für McGrady, der elf Sekunden vor Schluss einen weiteren „Triple“ folgen lässt. Kurz darauf ist das Wunder perfekt, als die No. 1 der Rockets die Spurs per Gamewinner mit seinen Punkten 11, 12 und 13 San Antonio endgültig nach Hause schickt. Die Halle tobt, T-Mac fuchtelt extatisch mit den Armen, die Legende von 13 Punkten in 35 Sekunden ist geboren.

­McGrady schreibt am 9. Dezember 2004 die vielleicht unglaublichste Aufholjagd der NBA-Geschichte. Eine Geschichte, die 25 Jahre zuvor nicht möglich gewesen wäre. Nicht etwa, weil T-Mac damals noch nicht auf der Welt war, sondern weil man für 13 Punkte damals noch mindestens zwei Würfe mehr benötigt hätte. Warum? Der Drei-Punkt-Wurf existierte in der NBA nicht. Heute diskutiert über die Berechtigung des Dreiers niemand mehr. 1979 aber war das ganz anders. Vor ihrer Einführung protestierte die halbe Liga gegen die Dreierlinie.

Dreier
Für Würfe wie diesen erhielt Rick Barry bis zur Saison 1979/90 nur zwei Zähler (Foto: Getty Images).

Startschwierigkeiten

Für einen Korb gibt es zwei Punkte. Bis 1979 war diese Regel in Stein gemeißelt. Zumindest in der National Basketball Association. In anderen Ligen sah das anders aus. Erstmalig drei Zähler für Würfe aus der Distanz gab es 1961 in der ABL (American Basketball League). Doch die wenig beachtete Liga bestand nur für eineinhalb Jahre und mit ihr verschwand auch der Dreier wieder von der Bildfläche. Bis 1967 die ABA an den Start ging – und mit ihr die Dreierlinie wieder auf Basketball-Courts zurückkehrte. In der Konkurrenzliga NBA allerdings dachte niemand ernsthaft über diese „Zirkusnummer“ nach.

„Wir nannten es einen Homerun, weil der Dreier für uns genau das war. Es riss die Fans aus ihren Sitzen“, beschreibt ABA-Comissioner George Mikan rückblickend den Status eines erfolgreichen Drei-Punkte-Wurfs Ende der 1960er Jahre. Nach dem Zusammenschluss der Ligen 1976 mussten die Fans auf das Spektakel allerdings erneut verzichten, den der Dreier blieb auf der Strecke. Fürs erste…

Der (un)geliebte Dreier

Drei Jahre später ändert sich die Gemengelage. Zur Saison 1979/80 führt ein gewisser Larry O‘Brien, seinerzeit Commissioner der weltbesten Basketball-Liga der Welt, den Drei-Punkte-Wurf in der NBA ein – zum Erzürnen zahlreicher Spieler und Trainer. Die Regeländerung kommt zwar bei den Fans gut an, die Aktiven allerdings finden so gar keinen Gefallen an der neuen, 7,24 Meter vom Korb entfernten Linie. Nicht etwa, weil sie davon ausgehen, dass ihr Spiel sich nun signifikant verändert, sondern weil sie den Dreier allgemein als unseriöse Spielerei belächeln. In ihrer Saisonvorschau betitelt die New York Times den „Triple“ als neues „Gimmick“, welches das Spiel „möglicherweise in den letzten Minuten eines Quarters verändern könnte.“

Julius „Dr. J“ Erving im Jahr 1976 (Foto: Getty Images)

Eine Einschätzung, die die Trainer teilen. „Ich werde sicher keine Plays laufen lassen, bei denen meine Spieler am Ende einen Wurf aus 23 Fuß Entfernung nehmen“, kündigt Suns-Coach John MacLeod an. Luftsprünge löst die neue Regel auch bei Red Auerbach, Präsident der Boston Celtics, eher nicht aus. „Wir brauchen sie nicht. Lasst das Spiel doch so wie es ist“, äußert er sich und vermutet hinter der Innovation eine PR-Maßnahme, um den schlechten TV-Quoten beizukommen.

Doch auch wenn die meisten Spieler und Coaches die Linie verteufeln, die große Umstellung, die sie mitbringt, können sie nicht ignorieren. Distanzwürfe von sieben Metern Entfernung und mehr sind im NBA-Basketball Ende der 1970er Jahre mehr oder weniger non-existent. Gepunktet wird in der von Big-Man wie Kareem-Abdul Jabbar dominierten Liga fast ausschließlich in der Zone.
„Plötzlich musstest du deinen Schützen Platz geben, um von außen zu werfen. Diese Philosophie torpedierte alles was man als junger Coach gelernt hatte. Nämlich den Ball in die Zone bringen und dort zu scoren“, berichtet der ehemalige ABA und NBA-Coach Hubie Brown.

Pionier Chris Ford

Am 12. Oktober 1979 ist es schließlich so weit. Saisonauftakt. Die Celtics stehen im Boston Garden den Houston Rockets gegenüber. Und nicht nur Rookie Larry Bird betritt die Bühne der NBA, auch eine schmale zusätzliche Linie auf dem Hardwood, in den Ecken ca. 6,70 Meter, in der Mitte 7,24 Meter entfernt vom Ring, ist neu. Über weite Teile des Spiels ist sie nur eine Dekoration auf dem ehrwürdigen Celtics-Court, dann aber passiert es: Shooting Guard Chris Ford macht seiner Position alle Ehre, hebt „from behind the arc“ ab – „Swish“. Der erste Dreier der NBA-Geschichte ist gefallen. Die Zuschauer sind völlig aus dem Häuschen, feiern Fords „Kunststück“ wie einen Gamewinner. Für die Celtics-Fans bleibt es ein einmaliges Erlebnis an diesem Abend, immerhin segelt auch ein Rockets-“Triple“ durch die Reuse.

Autor: Peter Stroß

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