Am 21. August wäre NBA-Legende Wilt Chamberlain (Spitzname „ The Big Dipper “) 80 Jahre alt geworden. BASKET sagt Happy Birthday und blickt zurück auf den Rekordmann, der das Game wie nur wenige Spieler dominierte, prägte und für immer veränderte.
100, 55, 50,4, 27,2, 20.000 und zwei. Das sind die Zahlen, von denen jeder Basketballfan zumindest zwei im Kopf haben sollte, wenn von Wilt Chamberlain die Rede ist. „Für mich ist er der beste Scorer aller Zeiten. Was er in seiner Karriere geleistet hat, ist teilweise kaum in Worte zu fassen und kaum zu glauben“, erinnert sich NBA-Legende Kareem Abdul-Jabbar, der Anfang der 70er Chamberlains Gegenspieler war, und betont: „Wir sprechen über einen Spieler, der in einer Partie 100 Punkte erzielte und über eine Saison lang 50 Zähler im Schnitt auflegte. Das ist verrückt.“
1959 kommt Chamberlain in die beste Basketballliga der Welt und startet umgehend seinen Eroberungszug. Der am 21. August- 1936 in Philadelphia, Pennsylvania, geborene Center ist ein Spieler, wie ihn der Sport bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen hat: 2,16 Meter groß, 125 Kilogramm schwer, beweglich, athletisch. Die folgenden Generationen werden mit Spielern solcher Art – Abdul-Jabbar, Bill Walton, Shaquille O’Neal, Patrick Ewing, David Robinson – aufwachsen, doch zu diesem Zeitpunkt ist Chamberlain eine absolute Ausnahmeerscheinung. Und dementsprechend hat die Liga keine Antwort auf seine Fähigkeiten.
Unstoppable Rookie
Sein Rookie-Jahr ist das beste, das je ein NBA-Debütant auf die Statistikbögen zauberte (37,6 PPS, 27,0 REB). „Und wie dominant er defensiv war, lässt sich leider nicht komplett mit Zahlen beweisen, weil Blocks und Steals damals nicht statistisch festgehalten wurden“, betont „Mister Logo“ Jerry West, der mit dem Big Man Anfang der 70er-Jahre bei den Los Angeles Lakers spielte.
Dass Chamberlain ein ganz spezieller Mann ist, wird schon in seinen Jugendtagen deutlich: Mit zehn Jahren ist der ehemalige Harlem Globetrotter (1958/59) bereits- 1,83 Meter groß. Zum Basketball kommt er eher zufällig: „Ich habe Sport allgemein geliebt und auch gerne Leichtathletik gemacht, aber Basketball war damals bei uns in der Umgebung angesagt, und deshalb habe ich diesen Sport begonnen“, sagte er nach seiner Karriere einst.
Für den Sport ist es eine verdammt wichtige Entscheidung: Nach seinen durchschnittlich 27,2 Rebounds als Sophomore (bis heute NBA-Rekord) verzeichnet er in seiner dritten Spielzeit eine weitere Bestmarke, indem ihm 50,4 Punkte pro Partie gelingen. „Er war einfach nicht zu stoppen“, erinnert sich Abdul-Jabbar. Chamberlain nimmt im Schnitt 39,5 Würfe, verwandelt davon 50,6 Prozent. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings, dass es keine adäquaten Gegenspieler gibt: „Damals war das Spiel auf Guards und Forwards ausgelegt, Center gab es noch nicht wirklich. Wilt hat mit seinen 2,16 Metern alle- überragt und konnte so selbst gegen Triple-Teams am Brett scoren“, beschreibt West und betont im selben Atemzug: „Damit möchte ich seine Leistung aber keineswegs schmälern!“
Die NBA reagiert
Jene Saison, 1961/62, ist es auch, in der „The Big Dipper“ das wohl bekannteste Spiel aller Zeiten gelingt: Am 2. März 1962 legt der Warriors-Center gegen die New York Knicks unfassbare 100 Zähler auf – ein weiterer und sein berühmtester Rekord. „Ich glaube, dass vieles im Sport gesche-hen kann und kein Rekord für ewig ist. Aber 100 Punkte in einem Spiel? Das wird die NBA nicht mehr sehen-“, legt sich Abdul-Jabbar fest. Schon in seiner zweiten Saison hatte Chamberlain am 24. November 1960 gegen die Boston Celtics mit 55 Rebounds einen Rekord für die meisten Boards in einer Begegnung aufgestellt, aber die 100 Punkte stellen das in den Schatten. Seine schier unmensch-lichen Leistungen fordern auch seinem größten Konkurrenten Bill Russell Respekt ab. „Was Wilt damals spielte, war neu und einzigartig. Er brachte einen komplett neuen Einfluss in das Spiel, der es komplett veränderte“, sagt die Celtics-Legende.
In der Tat: Die NBA reagiert während Chamberlains Eroberungszug durch die Liga mit mehreren Regeländerungen, um seine Dominanz einzuschränken und das Spiel spannender gestalten zu können. So wird unter anderem das Offensiv-Goaltending eingeführt, das viele einfache Punkte Chamberlains verhindern sollte; außerdem müssen Freiwürfe ohne- Übertreten der Linie geworfen werden – Chamberlain war zu Beginn seiner Karriere so athletisch, dass er absprang und den Ball per Korbleger einnetzte; und die Zone wurde vergrößert, damit die massigen, großen Spieler – vor allem natürlich Wilt – weiter vom Korb entfernt stehen mussten.
Bedingt durch die Änderungen des Regelwerks und die Tatsache, dass Spieler wie Kareem, die körperlich dagegenhalten können, in die Liga kommen, lässt Chamberlains offensive Dominanz Ende- der 60er- und Anfang der 70er-Jahre langsam nach. Unter dem Brett bleibt er jedoch ein Monster: In jeder seiner 14 Saisons greift er durchschnittlich mindestens 18,4 Boards ab, über seine Karriere gese-hen stehen 30,1 Punkte (NBA-Rang 2) und 22,9 Rebounds (Rang 1) pro Partie zu Buche. Sie sind der statistische Beweis für seine unfassbare Dominanz.
Titel und Mythen
Doch so überragend der Rechtshänder individuell auch ist, so lange bleibt der Erfolg aus. Während seiner Karriere gewinnt der Mann, der seine Spitznamen „The Stilt“ und „Goliath“ nicht leiden kann, lediglich zwei Championships (1967, 1972). „Er war der dominanteste Spieler dieser Zeit und unglaublich begnadet, aber selbst er musste erkennen, dass das allein gegen die richtig guten Teams nicht reichte“, sagte der verstorbene Celtics-Meistercoach Red Auerbach einst. Umso glücklicher ist Chamberlain, nachdem er seine zweite Meisterschaft feiern darf: „Dieses Gefühl ist nicht zu beschreiben. Es ist einfach wunderbar.“ 1973 beendet der Rekord-mann im Alter von 36 Jahren seine einzigartige NBA-Karriere, 1999 stirbt er aufgrund anhaltender Herzprobleme.
Um die Legende ranken sich viele Mythen und Geschichten: Er habe während seines Lebens mit über 20.000 Frauen geschlafen; er sei so stark gewesen, dass er 100 Kilogramm schwere Gegen- und Mitspieler mühelos im Stand hochheben konnte; als er 50 Jahre- alt war, unterbreitete ihm eine NBA-Franchise einen Vertrag, weil „er noch immer für zehn bis 15 Rebounds- pro Spiel gut“ sei; als Teenager schlug er B. H. Born, einen der damals besten College-Spieler, im Eins-gegen-eins, woraufhin Born seine Profi-Laufbahn auf Eis legte und sich fortan mit Traktoren beschäftigte; in einer Trainingseinheit soll er Liegestütze gemacht haben, während drei Teamkollegen auf seinem Rücken saßen …
Wie auch immer: Für den Basketball spielt Wilt Chamberlain eine unglaublich wichtige Rolle. Er ebnete den Big Men den Weg, trug einen massiven Teil zur Entwicklung des Spiels bei, seine größten Rekorde sind bis heute gültig. Und deshalb sollte jeder zumindest zwei dieser Zahlen im Kopf haben, wenn von Wilt Chamberlain die Rede ist: 100, 55, 50,4, 27,2, 20.000 und zwei.
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