Er gehört zweifelsohne zu den besten NBA-Akteuren aller Zeiten. Kevin Durant dominiert die Liga seit knapp 15 Jahren nach Belieben und hat seinen Zenit noch längst nicht erreicht. Seine Aura auf dem Court und sein einzigartiger Spielstil unterstreichen die Extraklasse des 33-Jährigen. BASKET hat genau hingeschaut, war live vor Ort bei einem Game der Brooklyn Nets und erklärt das Phänomen „KD“.

Die mediale Aufmerksamkeit richtet sich nach dem frühen Playoff-Aus der Nets gegen Boston auch vor allem auf ihn: Kevin Durant (Foto: Carlos Osorio/NBAE via Getty Images)

Es ist der 8. April 2022 um 18:30 Uhr Ortszeit in New York, als ein Raunen durch das Barclays Center geht. Kevin Durant betritt das Parkett, um sich vor der anstehenden Partie gegen die Cleveland Cavaliers aufzuwärmen. Es hat etwas Magisches, ja fast schon Fesselndes, sich jede Einzelne seiner Bewegungen anzuschauen. Auf einem Bein dreht sich Durant mit dem Ball um 360 Grad, springt anschließend auf das andere Bein, ehe er aus der Bewegung heraus zum Wurf abdrückt. Was wie eine einstudierte Tanzeinlage aussieht, ist nichts weiter als eine Routine des Veteranen beim Warm-up.

Kaum vorzustellen, dass wir hier von einem Spieler reden, der mit der Größe eines Centers die Koordination eines Point Guards hat. Im Spiel wird umso deutlicher, warum Durant so fleißig trainiert – und dass sich das lohnt. Meistens wird er mit dem Rücken zum Korb angespielt und wirft im Anschluss aus der Drehung, ähnlich wie es einst Dirk Nowitzki perfektioniert hat. Dank seiner Größe und seiner unfassbar langen Arme ist er jederzeit dazu in der Lage, über seine Gegenspieler zu werfen. Da die meisten Center nicht mit seinem Tempo mithalten können, sind gegnerische Trainer gezwungen, ihm einen deutlich kleineren Spieler gegenüberzustellen.

Stiller Leader

Wer auch nur ein paar Spiele von ihm in Gänze gesehen hat, der weiß: Kevin Durant ist nicht unbedingt für sein Temperament auf dem Court bekannt. Und trotzdem ist er der perfekte Leader für die Brooklyn Nets. Im Spiel gegen die Cavs wird deutlich, welches Selbstbewusstsein er seinen Mitspielern durch seine Präsenz gibt, indem er ihnen nach erfolgreichen Aktionen oftmals ein Lächeln zuwirft und in kritischen Situationen pure Ruhe ausstrahlt. In jenem Spiel im Barclays Center übernahmen die Cavs im dritten Viertel erstmals die Führung. Nach einer Auszeit kamen die Nets, angeführt von Durant, zurück auf das Spielfeld – und drehten die Partie binnen Minuten. „KD“ hat das Siegergen fest in seiner DNA verankert und hat mit den Nets um Kyrie Irving und Co. noch Großes vor, denn eines steht fest: Sollte er in seiner Karriere keinen weiteren Titel mehr holen, wird in Bezug auf seine Legacy vermutlich für immer ein fader Beigeschmack bleiben.

Image-Schaden?

Mit seinem Wechsel zu den Golden State Warriors im Jahre 2016 sorgte „KD“ für entsetzen in der Basketballwelt. Golden State brach nämlich im selben Jahr den Rekord für die meisten gewonnen Spiele in einer NBA Saison und bekam jetzt einen der besten Offensivspieler der Liga dazu. Das Team von Steve Kerr war zu dem Zeitpunkt schon nahezu unschlagbar, wie sollte es dann erst mit Durant ausschauen? Folgerichtig gewann Golden State mühelos und ohne wirkliche Gegenwehr zwei Meisterschaften in Serie. Viele Fans sind sich dennoch einig, dass diese Titel eben keinen wirklichen Stellenwert für Durant haben. Warum? Weil er zum einen in das Team gewechselt war, was ihn noch in der Saison davor knapp aus dem Playoff-Rennen geworfen hatte und zum anderen von vornherein klar war, dass die Mannschaft in der Konstellation nur Meister werden könne. Der Anteil Durants an den Championship-Siegen gilt für manch einen daher als überschaubar. Verkürzt schlussfolgerten NBA-Fans, dass Durant kurz ein paar Titel absahnen wollte – um sich dann wieder aus dem Staub zu machen. Und tatsächlich ereignete sich dies 2019, als „KD“ für vier Jahre mit stattlichen 164 Millionen Dollar Gehalt bei den Brooklyn Nets unterschrieb. Für einige Fans nur das Haar in der Suppe, für andere ein Image-Schaden.

Motivierter denn je?

In seiner neuen Heimat genießt Durant unglaubliches Ansehen. Mittlerweile sind die Zeiten vorbei, in denen er in gegnerischen Hallen permanent ausgepfiffen wird. Zusammen mit seinem Kumpel Kyrie Irving bildet das Team eines der stärksten Duos in der gesamten Liga und mit der Rückkehr von Ben Simmons könnte die Organisation einen weiteren ,,Co-Star‘‘ bekommen, sofern Simmons auch wirklich zu seiner Formstärke zurückfindet. Obwohl Durant aus nahezu allen Lagen werfen kann, fällt auf, dass er in Brooklyn extrem mannschaftsdienlich agiert. Zwar gibt es immer wieder Momente, in denen er das Spiel an sich reißt, jedoch hat er in diesen Situationen immer das Auge für seine Mitspieler. Gerade Rollenspieler wie Patty Mills oder Seth Curry bekommen im Team von Steve Nash viele freie Würfe, da sich die Defense zu 100 Prozent auf das Starensemble fokussiert.

Die Franchise der Brooklyn Nets ist auf einem spannenden Weg mit großen Zielen. Durant, der einst den Anspruch äußerte, sich im besten Falle jedes Jahr für die Playoffs zu qualifizieren, wird noch einige Saisons haben, in denen er um den Titel mitspielt. Das Ziel ist also klar. Ohne Impf-Beschränkungen und langwierige Verletzungspausen stehen die Chancen ab der kommenden Spielzeit noch einmal besser. Seit 2012 sind die Nets in der Tat jedes Jahr in die Playoffs eingezogen. Für Durants Legacy wird es ein Schlüssel, dies also nicht nur fortzusetzen, sondern die Ära mit einem Titel in den nächsten Jahren zu vergolden. Wir werden genau hinsehen.

Das Video zum Trip: