Trügt der Schein?

Doch wie gut ist der Forward wirklich? Geht es nach dem 19-Jährigen, der mit den LSU Tigers bisher eine durchwachsene Spielrunde mit 16:9 Siegen absolviert und um die Teilnahme am NCAA Tournament zittern muss, kann es nur ein Antwort geben: „Ich denke, ich bin der beste Spieler im College-Basketball. Es gibt eine Menge guter Spieler da draußen, aber ich würde keinen besser als mich einschätzen.“ An Selbstbewusstsein mangelt es dem Highschool-Spieler des Jahres 2015 schon einmal nicht und das ist angesichts der zahlreichen Lobeshymnen auch kein Wunder: „Ben Simmons ist der beste All-Around-Spieler, seit LeBron James direkt von der Highschool in die NBA gewechselt ist“, urteilte Anfang des Jahres kein geringerer als Point-Guard-Legende Magic Johnson. „Egal, welches Team ihn picken wird. Er wird einen direkten Einfluss auf seine Mannschaft nehmen.“

Ben Simmons ist wohl der kommende First-Pick des Drafts 2016, Foto:gettyimages.de

Ben Simmons gilt als sicherer First-Pick des NBA- Drafts 2016, Foto:gettyimages.de

Zuvor hatten die LSU Tigers einen überraschenden Sieg über Kentucky eingefahren, Simmons lieferte mit 14 Punkten und zehn Rebounds ein für seine Verhältnisse durchschnittliches Spiel ab. Weitaus dominanter trat der Forward am 2. Dezember des Jahres 2015 auf. Damals legt er beim 119:108-Sieg über North Florida 43 Punkte, 14 Rebounds, sieben Assists, fünf Steals und drei Blocks auf. Damit erzielte Simmons die höchste Punktausbeute der Uni-Geschichte, seitdem ein gewisser Shaquille O’Neal 1991 ebenfalls 43 Zähler aufgelegt hatte.

Doch exakt beim Blick auf diese Zahlen lässt sich das Salz in der Suppe finden. Dominante Auftritte an der Highschool waren aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit kein Maßstab, und auch am College traf Simmons in einer schwächeren Conference nur selten auf Top-Teams. Gegen Unis, die im landesweiten Ranking gelistet sind, sank vor allem sein Scoring von 19,3 auf 13,5 Punkte im Schnitt. Dies liegt vor allem daran, dass der Forward noch über keinen NBA-tauglichen Wurf verfügt. Nur ein Fünftel seiner Halbfeldwürfe fallen durchs Fangnetz, und auch an der Freiwurflinie (69 Prozent Trefferquote) zeichnen sich Schwächen ab.

Es sind Schwächen, die der hoch talentierte Australier zweifellos beheben kann, doch ob er von Beginn an einen vergleichbaren Einfluss auf ein Team nehmen kann wie LeBron James, bleibt abzuwarten. Dem 19-Jährigen, dem das Talent von seinem Vater Dave – seines Zeichens eine australische Basketballlegende – in die Wiege gelegt worden ist, wäre es zumindest zu wünschen, wenn er dem gewaltigen Hype um seine Person gerecht werden könnte. Er wäre der erste seit LeBron James, dem dieses Kunststück in seiner Vollständigkeit gelingen würde.

Tom Huesmann