Website-Icon BASKET

Antetokounmpo – Der Transformer

Seit die Milwaukee Bucks in der Saison 2014/15 mit 9,6 Steals die Liga in dieser Kategorie anführten und die Playoffs erreichten, ist die einstige „graue Maus“ wieder eine spannende Franchise. Die Verantwortlichen des Small-Market-Teams aus dem Bundesstaat Wisconsin verfolgen bei der Zusammenstellung des Rosters eine klare Philosophie. Sie setzen auf Spieler mit überproportional langen Armen, eine Anhäufung von „Freaks“ also, und der „Oberfreak“ in dieser Hinsicht ist der „Greek Freak“, Giannis Antetokounmpo. Seit der letzten Saisonvorschau ist der Grieche um weitere fünf Zentimeter gewachsen und ist nun 2,11 Meter groß. Aber das ist nicht das Einzige, was sich für Giannis verändert hat. Seine Rolle ist größer geworden, seine Reputation in der Liga makellos, in allen statistischen Kategorien hat sich das Riesentalent mächtig verbessert. Der übliche Werdegang eines Talents, könnte man meinen.

Giannis hat mit Jason Kidd, dem zweitbesten Passer der NBA-Geschichte, den perfekten Mentor (Foto: Getty Images).

Aber Coach Jason Kidd sieht, trotz dieser starken Entwicklung, noch Möglichkeiten, den Output seines jungen Stars zu optimieren. Nach dem verletzungsbedingten Saisonaus von Michael Carter-Williams kam „Mastermind“ Kidd eine geniale Idee. Er stellte Antetokounmpo nach 52 Spielen auf der gewohnten Drei auf die Position des Point Guards. Der Effekt war atemberaubend und ließ die Konkurrenz ehrfürchtig in die Zukunft schauen. Die Stats des bislang als Small Forward eingesetzten 15. Picks von 2013 explodierten: Seine Punkte-Ausbeute steigerte sich von 15,9 PPS auf 19,4 PPS. Bei den Rebounds gegen nun deutlich kleinere Gegner stieg sein Wert von 7,1 REB auf 9,6 REB. Auch wenn eine Verbesserung bei den Assists mit dem Positionswechsel einhergeht, ist der Anstieg von 2,8 AS auf 7,3 AS spektakulär. Und auch in den defensiven Kategorien zeigte sich ein positiver Effekt: 1,0 STL vs. 1,9 STL und 1,1 BLK vs. 1,9 BLK.

Das ist doch unfair!
Ein 2,11 Meter großer Point Guard? Das ist doch unfair! Ja, das ist es in der Tat! Ein Spieler, der jedem Guard am Perimeter mit seiner Länge den Wurf unfassbar erschwert, beim Kampf um jeden Rebound die besseren Karten hat, anschließend mit langen Schritten den Fastbreak läuft und dann per Dunk einen elitären Shotblocker wie Serge Ibaka „posterized“, ist einmalig. Was es für ein Team bedeutet, wenn der Point Guard in der Lage ist, Rebounds zu holen, wissen wir durch Russell Westbrook.

Die übrigen Mitspieler können sich viel schneller in Richtung Offense orientieren und gegen eine nicht formierte Defense einfacher scoren. Ein solch riesiger Playmaker ist die groteske, ja fast wie im Comic anmutende Version eines „Magic“ Johnson oder eines Oscar Robertson. Die Konsequenz sind Triple-Double am Fließband. Am 22. Februar gelang Antetokounmpo, als jüngstem Buck aller Zeiten, mit nur 21 Jahren sein erstes. Am 13. März konnte er sich bereits als der erste Milwaukee-Spieler der NBA-Geschichte feiern lassen, dem es gelang, vier Triple-Double in einer Saison zu generieren. Am Ende der Saison waren es deren fünf und es herrschte Gewissheit, dass der junge Mann mit einer Spannweite von mehr als 2,21Metern die Position des Spielmachers beherrscht.

Giannis Antetokounmpo war in der vergangenen Saison mehr als ein Point Forward, er spielte einen waschechten Point Guard (Foto: Getty Images).

Die Vorteile liegen auf der Hand: Giannis kann über die Köpfe jedes gegnerischen Guards schauen, und er hat gezeigt, dass sich seine „Court Vision“ nicht nur auf die Transition beschränkt. Darüber hinaus hat er im Pick-and-Role immer die Option, den Spielzug plötzlich aufzubrechen und selbst im Highpost gegen kleinere Spieler zu agieren. Durch seine Länge nutzt er durchgängig „Mismatches“. Wird er gedoppelt, ist der „Greek Freak“ fähig, offene Schützen, wie beispielsweise Khris Middleton, zu finden. Selbst wenn Jerryd Bayless auf dem Feld stand, war der Youngster stets der klare Aufbauspieler. Häufig versuchten Gegner das Problem des „Mismatches zu lösen, indem sie ihn durch einen Shooting Guard verteidigten. Jedoch ohne Erfolg: Kein Spieler unter 2,03 Meter kann denPositionswechsler dank dessen außergewöhnlich langen Armen auch nur ansatzweise verteidigen.

Dauerlösung oder Variante?
Ob Antetokounmpo als Point Guard nur eine Variante für gewisse „Matchups“ und Spielphasen oder eine Dauerlösung ist, scheint Jason Kidd selbst noch nicht entschieden zu haben. Die Verpflichtung von NBA-Champion Matthew Dellavedova spricht zwar eher dagegen, doch durch den Abgang von „MCW“ zu den Bulls, der mit seinen 1,98 Metern selbst ein großer Point Guard ist, steigen die Chancen für den „Greek Freak“ in dieser Rolle zu agieren. Zudem war das Experiment zu erfolgreich, um es gänzlich zu den Akten zu legen. Im offiziellen Roster ist der Grieche als Small Forward gelistet. Aber ob dieser konservative Ansatz auch im nächsten Jahr Bestand hat, wird sich zeigen.

Die komplette Story findet ihr in der aktuellen BASKET-Ausgabe 11/2016 (seit 12. Oktober am Kiosk).

Die mobile Version verlassen