Die New York Knicks zeigen in der laufenden Playoff-Serie gegen die Boston Celtics, wie schnell sich ein Spiel drehen kann – gleich zwei Mal holten sie Rückstände auf, die kaum noch aufzuholen schienen. Anlass genug, einen Blick auf zehn weitere spektakuläre Aufholjagden zurück zu blicken.

Jeder NBA-Fan kennt das Gefühl: Man schaut sich ein Spiel seines Lieblingsteams an, sitzt mit Vorfreude vor dem Bildschirm und muss dann sehen wie die eigene Mannschaft zur Hälfte mit 20 Punkten hintenliegt – Deprimierend und für viele ein Anlass den Fernseher auszuschalten. Doch der Basketball und vor allem die NBA haben uns oft genug bewiesen, dass das Spiel erst dann vorbei ist, wenn die Schlusssirene ertönt. Das bewiesen ganz eindrucksvoll die New York Knicks die in der aktuellen Playoff-Serie gegen die Celtics gleich zweimal einen 20-Punkte-Rückstand noch drehen konnten. Eine historische Performance legte auch Houston-Legende Tracy McGrady 2004 gegen die San Antonio Spurs hin, als er 13 Punkte in den letzten 33 Sekunden erzielte und die Rockets nach 68-76-Rückstand noch zum Sieg führte. Nicht weniger historisch war das Comeback der Cleveland Cavaliers 2016 – das erste Team, das einen 1:3-Rückstand in den NBA-Finals aufholen konnte – Ein Beweis dafür, dass im Basketball wirklich alles passieren kann. Hier sind zehn Comebacks, die man als Fan kaum für möglich gehalten hätte.
Platz 10: Memphis Grizzlies vs. San Antonio Spurs, 2023

Die Spurs haben seit Februar 2021 erst einmal gegen die Grizzlies gewinnen können.
Es gibt so Tage, an denen es einfach nicht läuft. So erleben es die Memphis Grizzlies am 18. März 2023 als sie zum Auswärtsspiel gegen die San Antonio Spurs reisen. Die Partie entwickelt sich in der ersten Halbzeit zum Alptraum für die Franchise aus Tennesse, die zum Anfang des dritten Viertels bereits mit 29 Punkten in Rückstand liegt. Die Konsequenz? Völlige Ekstase bei den Spurs-Fans. Doch nur wenige Minuten später verstummt die Halle, als die Grizzlies plötzlich anfangen Basketball zu spielen. Die Offensive scort wie verrückt und die Defense strotzt auf einmal vor Stabilität, sodass die Spurs eine Minute vor Schluss nur noch mit neun Punkten führen. Der Start des endgültigen Wahnsinns. Nach einem 6-0-Run von Memphis bekommt Dillon Brooks mit zwei Sekunden auf der Shot-Clock den Ball, nimmt von Downtown Maß und verwandelt – Overtime. Und diese soll einen Namen tragen: Desmond Bane. Der Grizzlie-Guard läuft heiß, erzielt acht seiner 21 Punkte und führt sein Team zum 126:120-Sieg – dem größten Comeback der Franchise-Geschichte.
Platz 9: Atlanta Hawks vs. Boston Celtics, 2024

Wer sich als Fan der Atlanta Hawks im März 2024 ein Ticket für die Partie gegen die Boston Celtics sichern konnte, hat wahrscheinlich eine der besten Entscheidungen seines Lebens getroffen. Zumindest, wenn man sich nicht bereits Mitte des zweiten Viertels auf den Heimweg gemacht hat, als auf der Anzeigetafel der Spielstand von 38:68 für den Favoriten aus Boston aufleuchtet.
Der vorzeitige K.O.? Nicht für die Spieler der Hawks. Die beweisen in den folgenden Minuten eindrucksvoll, dass Basketball ein Spiel des Momentums und mentaler Stärke ist. Vor allem Dejounte Murray lässt den Celtics-Vorsprung mit seinen 19 Punkten und überragenden 15 Assists Zähler für Zähler schmelzen. Die Arena kocht und erreicht den Stimmungshöhepunkt als De’Andre Hunter zehn Sekunden vor Schluss mit einem Dreier zum 120:116 und der vorzeitigen Entscheidung verwandelt.
Ein Heimspiel für die Ewigkeit.
Platz 8: Los Angeles Lakers vs. Dallas Mavericks, 2002

Dezember 2002. Die Dallas Mavericks sind eines der heißesten Teams der Liga und reisen mit einer Bilanz von 17-1 ins Staples Center nach Los Angeles. Dirk Nowitzki, Steve Nash und Michael Finley sorgen wie erwartet für ein Offensiv-Feuerwerk, das die Lakers-Defense förmlich überrollt. Nach drei Vierteln steht es 88:61 für die Mavs – eine 27-Punkte-Führung. Das Spiel? Eigentlich gelaufen. Doch wer denkt, die Show sei vorbei, hat die Rechnung ohne Shaquille O’Neal und Kobe Bryant gemacht. Kobe lässt es von Downtown regnen, während Shaq unter dem Korb dominiert. Fast jeder Angriff der Mavs endet plötzlich in einem erzwungenen Wurf oder einem Ballverlust. Punkt für Punkt schrumpft der Vorsprung, und mit noch 11 Sekunden auf der Uhr verkürzen die Lakers auf 102:103. Dann folgt der finale Akt: Kobe bekommt den Ball, tanzt Raja Bell aus, zieht zum Korb und trifft den Jumper über zwei Verteidiger – Buzzer, Swish, Sieg und ein Teil NBA-Geschichte.
Platz 7: Toronto Raptors vs. Dallas Mavericks, 2019
Im Nachhinein darf das Duell der Toronto Raptors gegen die Dallas Mavericks am 22. Dezember 2019 als Weihnachtswunder betrachtet werden. Ein Weihnachtswunder, das aus Raptors-Sicht zunächst wie ein Desaster beginnt. Ohne Stars wie Pascal Siakam, Norman Powell und Marc Gasol ist Toronto der Scoringpower von Jalen Brunson, Kristaps Porzingis und Co. völlig unterlegen, sodass sie Mitte des dritten Viertels einem Rückstand von 85:55 hinterherlaufen.

Dass sich dieses anbahnende Debakel doch noch in das am Anfang erwähnte Wunder verwandelt, liegt an diesem Abend vor allem an einem Mann: Kyle Lowry. Der Guard der Raptors ist mit der Teamleistung offensichtlich so unzufrieden, dass er sich dazu entscheidet, das Zepter in die eigene Hand zu nehmen – erfolgreich. Mit 32 Punkten und der Unterstützung von Chris Boucher, der 21 Zähler von der Bank beisteuert, kann die Partie tatsächlich gedreht werden. Endstand: 110:107.
Platz 6: Los Angeles Clippers vs. Golden State Warriors, 2019

Erste Runde der Playoffs. Die Golden State Warriors, mit einer 1:0-Führung im Rücken, empfangen die L.A. Clippers. Das Superteam um Stephen Curry, Kevin Durant und Klay Thompson macht seinem Namen vom Tip-Off an alle Ehre und stellt die Weichen schon früh in Richtung 2:0-Führung. Mitte des dritten Viertels liegen sie mit 31 Punkten in Front, ehe ein gewisser Lou Williams seine Grenzen in puncto Scoring neu definiert. Von der Bank weg absolviert der 32-Jährige das beste Playoffspiel seiner Karriere, wirft 36 Körbe und liefert elf Assists. Die Fans der Warriors merken: Das Spiel droht zu kippen. Sechs Minuten vor Schluss fällt die Führung zum ersten Mal seit dem zweiten Viertel wieder in den einstelligen Bereich – wenige Momente später dann der Ausgleich. Mit knapp 17 Sekunden auf der Uhr setzt Landry Shamet zum Dreier an – drin. Die Clippers führen und gewinnen schlussendlich mit 135:131. Das größte Playoff-Comeback der Geschichte ist perfekt.
Platz 5: Golden State Warriors vs. Milwaukee Bucks, 1975
Die Golden State Warriors von 1975 waren amtierender Meister, doch am 27. November stehen sie gegen die Milwaukee Bucks mit dem Rücken zur Wand. Viertel drei, 23 Punkte Rückstand. Und das, obwohl sich die Bucks seit dem vergangen Sommer ohne den ehemaligen Franchise-Star Kareem Abdul-Jabbar durchkämpfen müssen. Die Warriors hingegen haben ihren go-to-guy auf dem Court: Rick Barry. Der „Miami Greyhound“ ergreift die Initiative und lässt sein komplettes Skillset aufblitzen. Würfe aus der Midrange und unglaublich dynamische Drives in Richtung Korb bringen die Bucks-Defense zum Verzweifeln und die Warriors zurück ins Spiel. Mit weniger als einer Minute auf der Uhr hatte Golden State den Rückstand pulverisiert. Dann der entscheidende Moment: Gus Williams schnappt sich den Steal und verwandelt nach Fastbreak per Layup zur Führung. Eine erneute Antwort der Bucks bleibt aus und die Anhänger der Warriors dürfen feiern.

Platz 4: Boston Celtics vs. San Antonio Spurs, 2021

Ganze 32 Punkte liegen die Boston Celtics gegen die San Antonio Spurs im zweiten Viertel zurück. Eine Blamage bahnt sich an. Die Spurs treffen nach Belieben, DeMar DeRozan und Dejounte Murray machen mit einer überforderten Boston-Defense, was sie wollen. Dann der Auftritt Jayson Tatums – und eine der eindruckvollsten Solo-Performances der NBA-Geschichte. Der Celtics-Star ist plötzlich überall, lässt Verteidiger reihenweise stehen und scort aus jeder Lage. Dreier, Drives, Midrange-Jumper – alles zappelt im Netz. Punkt für Punkt kämpft sich Boston zurück. Zwei Minuten vor Schluss: Tatum mit dem Drive, Korbleger – Ausgleich! Die Spurs wanken. Wenig später, 15 Sekunden vor dem Ende: Wieder Tatum, Pull-up-Jumper von der Freiwurflinie – drin. Ausgleich war gestern, jetzt führt Boston. Die Celtics erzwingen die Overtime, in der der Forward seinen herausragenden Auftritt vollendet.
Mit 60 Punkten stellt er Larry Birds Franchise-Rekord ein und führte Boston zum 143:140-Sieg. Vom sicheren Blowout zur größten Aufholjagd der Celtics seit über 20 Jahren – und einer Nacht, die Celtics-Fans so schnell nicht vergessen werden.
Platz 3: Sacramento Kings vs. Chicago Bulls, 2009
Den Auftakt auf das Podium der größten NBA-Comebacks liefer die Sacramento Kings im Dezember 2009 gegen die Chicago Bulls. Die Bulls sind längst nicht mehr das legendäre Team der 90er, aber an diesem Abend spielen sie im United Center wie ein Titelanwärter. Nach einer dominanten ersten Hälfte wächst der Vorsprung bis Mitte des dritten Viertels auf beeindruckende 35 Punkte aus. Ein 79:44 steht auf der Anzeigetafel – alles sieht nach einem lockeren Heimsieg für Chicago aus.

Tyreke Evans sichert sich 2009/10
den Roookie of the Year Award.
Doch ausgerechnet Kings-Rookie Tyreke Evans hat etwas dagegen. Mit seiner jugendlicher Frische und Energie haucht er seinem Team neues Leben ein. Während die offensiven Abläufe Sacramentos nun wie selbstverständlich ablaufen, gerät die Scoringpower der Bulls ins Stocken. Eine Minute und 15 Sekunden vor Ende liefert der 20-Jährige Evans die erst zweite Führung der Kings und knipst mit einem anschließenden Dreier endgültig das Licht in der Halle aus. Sacramento siegt mit 102:98 – Franchise-Rekord inklusive.
Platz 2: Los Angeles Clippers vs. Washington Wizards, 2022

Es war ein Abend, der für die Clippers mit einer Demütigung begann – und mit einem der verrücktesten Comebacks aller Zeiten endete. 35 Punkte Rückstand, Mitte des dritten Viertels, gegen die Washington Wizards. Die ersten Fans verlassen bereits die Halle, die Wizards wähnen sich in Sicherheit. Doch Basketball schreibt die besten Drehbücher – und dieses hier hatte Luke Kennard in der Hauptrolle. Mit eiskalten Dreiern hält er die Clippers im Spiel und avanciert zur absoluten Clutch-Maschine. Noch neun Sekunden auf der Uhr, 112:115 aus Sicht der Clippers. Dann geschieht das Unfassbare. Die Wizards bringen den Ball ins Spiel, doch Bradley Beal verliert ihn! Kennard schnappt sich das Leder, zieht sofort ab, trifft aus der Distanz und wird dabei gefoult. Drei Punkte, Ausgleich – und noch ein Freiwurf obendrauf. Kennard bleibt cool, versenkt auch den Bonusfreiwurf und macht das 116:115 perfekt.
Ein Wahnsinns-Finish – und eines der spektakulärsten Comebacks in de NBA, das nur von einem getoppt wird.
Platz 1: Utah Jazz vs. Denver Nuggets, 1996

Die Utah Jazz, eines der besten Teams der Liga, empfangen die Denver Nuggets – doch von Favoritenrolle ist in der ersten Halbzeit nichts zu sehen. Die Nuggets zerlegen Utah in der ersten Hälfte regelrecht. Mit blitzschnellen Fastbreaks und einer Defense, die John Stockton und Karl Malone den Zahn zieht, führt Denver Anfang des dritten Viertels mit 72:36 – ein 36-Punkte-Rückstand für die Jazz. Die Fans beginnen, die Hoffnung zu verlieren. Doch dann kommt die Post und zwar in Persona von Karl, dem „Mailman“ Malone, der eine Lieferung von 31 Punkten und 17 Rebounds im Gepäck hat. Denver, das bis dahin kaum Fehler gemacht hat, beginnt zu wackeln. Die Würfe, die in Halbzeit eins sicher fielen, prallen nun vom Ring ab. Utah nutzt das Momentum, dreht das Tempo hoch und erzielt unglaublich 71 Punkte in der zweiten Hälfte. Am Ende steht ein 07:103 für Utah und das größte Comeback in der Geschichte der NBA. Ein Spiel, das bis heute zeigt: Im Basketball ist kein Rückstand zu groß.
Die Utah Jazz, eines der stärksten Teams der Liga, empfangen die Denver Nuggets – doch von Favoritenrolle ist in der ersten Halbzeit keine Spur. Denver dominiert das Spiel, läuft schnelle Fastbreaks und verteidigt Stockton und Malone nahezu perfekt. Anfang des dritten Viertels steht es 72:36 – ein Rückstand von 36 Punkten für Utah. Die Fans beginnen, die Hoffnung aufzugeben.Doch dann kommt die Post – in Form von Karl „The Mailman“ Malone. Mit 31 Punkten und 17 Rebounds liefert er mehr als nur zuverlässig ab. Plötzlich beginnt Denver zu straucheln. Was vorher sicher fiel, springt jetzt vom Ring. Die Jazz riechen ihre Chance, ziehen das Tempo an und legen eine zweite Hälfte hin, die in die NBA-Geschichtsbücher eingeht: 71 Punkte nach der Pause, Utah dreht das Spiel. Am Ende steht ein 107:103 – das größte Comeback, das die NBA je gesehen hat. Ein Spiel, das bis heute zeigt: Kein Rückstand ist zu groß. Kein Comeback legendärer.
Aber wer weiß, das nächste epische Turnaround ist vielleicht nur ein Spiel entfernt.
Diese Story erschien zuerst in der BASKET 04/25.
Fotocredits: Getty Images, Text: Bjarni Vincon
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