Anthony Edwards gehört mit seinen gerade einmal 20 Jahren bereits zur Elite in der NBA. Dass er sich nach seiner starken ersten Saison nun allerdings in nahezu allen relevanten Stats noch einmal steigern konnte, kam selbst für Experten unerwartet. Zusammen mit Superstar Karl-Anthony Towns scheint die Reise der Franchise wieder in eine sportlich relevante Richtung zu gehen. Eine Zukunft, in der Anthony Edwards der Schlüssel zu verloren geglaubten Zeiten werden könnte.

Anthony Edwards ist eine der heißesten Aktien in der NBA. Der 20-Jährige Small Forward der Minessota Timberwolves gilt als großes Versprechen für die Zukunft.
Anthony Edwards, Small Forward der Minnesota Timberwolves, schreit seine Freude nach dem Sieg gegen die Miami Heat am 24. November 2021 im Target Center in Minneapolis, Minnesota heraus. (Foto: Jordan Johnson/NBAE via Getty Images)

Es ist der 19. Februar 2021, als Anthony Edwards die NBA zum Entsetzen bringt – im positiven Sinne. Edwards bekommt den Ball in der Corner zugespielt, dribbelt dreimal über links in Richtung Grundlinie und stopft den Ball mit einer unfassbaren Wucht ins Gesicht von Torontos Yuta Watanabe. Letzterer konnte einem nach diesem „Dunk of the Year“ eigentlich nur leid tun.

Dass sich Edwards längst nicht nur über spektakuläre Dunks definiert, konnte er in der letzten Saison bereits eindrucksvoll unter Beweis stellen. Mit 19,3 Punkten bei 4,7 Rebounds und 2,9 Assists im Schnitt zeigte der 1,93-Meter-Mann, wo die Reise mit ihm hingehen könnte. Wenngleich sein Team sportlich nur selten glänzen konnte.

In diesem Jahr ist alles anders: Im Vergleich zur letzten Saison konnte Edwards nochmal eine Schippe draufpacken. Er wirkt heute reifer, abgezockter und schafft es, seine Qualitäten im Teamerfolg deutlich sichtbar zu machen. Seine Zahlen belegen diesen Fakt. Er kommt die Saison über auf 21,9 Punkte bei 4,8 Rebounds und 3,6 Assists. Hinzu kommt, dass die T-Wolves mit Tabellenplatz sieben sportlich eine größere Rolle spielen.

Anthony Edwards ist der perfekte Mitspieler für Karl-Anthony Towns

Doch warum lief es bei den Wölfen lange vergleichsweise schlecht? Und wo macht Edwards den Unterschied? Dazu ist der Blick auf das Mannschaftsgefüge um den frisch gekrönten Dreier-Champ Karl-Anthony Towns aufschlussreich, der holprige Zeiten in Minnesota durchlebt hat. Mit Jimmy Butler machte es nicht klick – und auch zwischen ihm und Andrew Wiggins stimmte die Harmonie nicht. Mit Anthony Edwards bekam der Center zur letzten Saison einen Rookie an die Seite, der genau wusste, dass er sich ,,KAT“ zunächst unterordnen muss. Trotzdem kann Towns das Team nicht alleine tragen und braucht daher im Backcourt eine unterstützende Säule.

Edwards ist nicht nur extrem athletisch und explosiv beim Zug zum Korb, sondern auch sehr gefährlich jenseits der Dreipunktelinie. Zur Zeit nimmt Edwards knapp 8,7 Versuche von Downtown, kommt dabei allerdings auch auf stolze 35,5 Prozent Wurfquote – knapp drei Prozent mehr als im Vorjahr. Für den Spielmacher sind die vielen Versuche pro Spiel in zweierlei Hinsicht ein Segen. Denn zum einen belegen sie, welches Vertrauen die Organisation in Edwards hat und zum anderen kann er auf höchstem Niveau an seiner Konstanz von der Dreierlinie arbeiten.

Anthony Edwards mit steiler Lernkurve in seiner zweiten Saison

Für gegnerische Teams ist es daher in dieser Saison relativ schwer, sich auf Minnesota einzustellen, da Towns durch seine Wurffähigkeiten das Spiel breit macht und gegnerische Bigs zwingt, ihn an der Dreierlinie zu verteidigen, während Edwards ihm mehr Flexibilität im Spiel gibt. Mit D’Angelo Russell gibt es im Team zudem einen starken Playmaker, der von draußen genauso gefährlich ist, wie seine beiden Star-Mitspieler. Eine goldene Kombo, in der sich vor allem Edwards sehr wohl fühlt und die ihm die Entwicklung erleichtert.

Doch nicht nur in der Offensive, sondern auch in der Defensive macht der 20-Jährige Fortschritte und vertieft seine Qualitäten. Zwar wirken seine 1,93 Meter im ersten Moment verhältnismäßig unspektakulär, jedoch kommt der Guard auf ordentliche 102 Kilo bei einer Spannweite von 2,06 Metern. Diese Attribute ermöglichen es ihm, größere Spieler zu verteidigen und legen viel Potenzial offen.

Anthony Edwards verschiebt in Minnesota die Grenzen

Ein wichtiger Faktor, der in Zeiten der modernen NBA auch nicht ganz zu vernachlässigen ist: Seine Medienpräsenz. Dank vieler spektakulärer Dunks, die oft in den Highlight-Reels der Übertragungen rauf- und runterlaufen, steht Edwards sehr im Fokus. Dem Anschein nach motiviert ihn das eher zusätzlich, als dass der Druck der Öffentlichkeit ihn in irgendeiner Weise sportlich beeinträchtigt. Auch in den Köpfen der Gegner kommt das an. Ein Effekt, der nicht unterschätzt werden sollte.

Mit seinen gerade einmal 20 Jahren zählt Anthony Edwards zu den besten Youngsters der NBA. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass Karl-Anthony Towns nach wie vor der absolute Superstar der Franchise ist. Doch der Vergleich mit „KAT“ ist auch gar nicht das, worauf es in der Analyse und Einordnung der Stärken von Anthony Edwards ankommt. Von Bedeutung ist, dass Towns und das Team in den letzten Jahren nie über eine gewisse Grenze hinauskamen. Edwards hat diese Grenze zugunsten der Wölfe beeindruckend verschoben.

Youngster Anthony Edwards dominiert die Schlagzeilen

Der 20-Jährige kam demnach genau zum richtigen Zeitpunkt und lenkt den Fokus der Presse mittlerweile auf sich. In der Liste mit den meisten 40-Punkte-Spielen reiht er sich unmittelbar hinter LeBron James an zweiter Stelle ein, was den Hype um seine Person zusätzlich untermauert. Statistisch steht er in einer Riege mit Namen wie Luka Doncic und Kevin Durant. Zwar wird Edwards LeBron nicht mehr einholen können, jedoch ist sein Platz auf dieser Liste ein richtungsweisendes Statement und ein Beleg dafür, wo seine Reise hingehen kann. Davon sind Fans und Experten überzeugt. Und er? Erst recht.

„In fünf Jahren will ich das Gesicht der Liga sein und einige MVP-Titel abräumen!“

Anthony Edwards

Wenn es dem Staff gelingt, das Team um Towns und Edwards so zu ergänzen, dass ein breites Gefüge aus Qualität und Tiefe geschaffen wird, werden die T-Wolves in Zukunft eine große Rolle in der Liga spielen. Die Erwartungshaltung sollte proportional mit dieser Entwicklung wachsen, nicht sprunghaft. Die Playoffs wären für den Klub 2022 in jedem Fall als Erfolg einzustufen. Die nächsten Schritte Anthony Edwards ist als „junger Wolf“ gerade erst am Anfang seiner Entwicklung. In diesem Jahr wäre eine Teilnahme an den Playoffs für ihn zum ersten Mal die Chance, sich auf der großen Bühne zu beweisen.

Auf Anthony Edwards warten jetzt zahlreiche Herausforderungen

Langfristig wird Edwards nämlich auch mit sportlichem Druck klarkommen müssen. Die Zahlen und Rekorde sind Stand jetzt wirklich stark. Zu kritisieren gibt es wenig. Trotzdem muss er die Leistung genauso in den Playoffs abrufen können, wenn er irgendwann zu den ganz Großen gehören möchte. Es wird für ihn von enormer Wichtigkeit sein, gut auf seinen Körper aufzupassen. Aufgrund seiner explosiven Spielweise wird es leider ein erhöhtes Risiko für Verletzungen geben. Deshalb muss er beispielsweise in Zeiten der Offseason sehr diszipliniert an seiner Physis arbeiten, gerade auch in Hinblick darauf, dass die 102 Kilo auf 1,93 Meter nicht wenig sind.

Konstanz entwickeln und der Erwartungshaltung gerecht werden

Auch wenn seine Zahlen es auf den ersten Blick nicht unmittelbar vermuten lassen, hat Edwards hin und wieder Probleme damit, seine Konstanz Spiel für Spiel abzurufen. Beim 134:114-Erfolg seines Teams gegen die Kings kam er auf lediglich fünf Punkte bei 2 von 12 aus dem Feld, gegen die Raptors waren es sechs Punkte bei 0 von 8 (alle Punkte von der Freiwurflinie). Solche Ausreißer sind völlig normal und gehören zu seiner Entwicklung dazu.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass aufgrund seiner Leistungen bereits eine gewisse Erwartungshaltung seitens der Medien und der NBA-Welt herrscht. Das Beispiel Ben Simmons hat uns gezeigt, was im Worst Case bei schlechten Playoff-Performances auf einen Spieler zukommen kann.

Gute Aussichten für das neue Aushängeschild der T-Wolves

Auch seine Spielmacher-Skills muss Anthony Edwards in Zukunft verbessern. Schließlich kann er sich langfristig nicht darauf verlassen, immer Topspieler an seiner Seite zu haben. Für Edwards wird es also elementar sein, die ihn auszeichnende coole und charismatische Art auf dem Court beizubehalten, um in Drucksituationen das Maximum aus seinen Fähigkeiten herauszuholen.

Am Ende des Tages stehen die Timberwolves tabellarisch so gut wie lange nicht mehr da. Die Harmonie stimmt, was in Minnesota nicht zwingend üblich ist. Auch auf lange Sicht betrachtet kann sich bei den Wölfen durchaus eine Menge entwickeln. Nun wird es aber Zeit, die Reise in den Playoffs erfolgreich anzugehen und bestenfalls in dieser Spielzeit damit zu beginnen, Großes aufzubauen, die Entwicklung zu bestätigen und sich festzubeißen. Mit Anthony Edwards, der am 8. August 22 21 Jahre alt wird, als Aushängeschild.