Die Philadelphia 76ers nutzen die Offseason für einen Umbruch. In Deryl Morey und Doc Rivers wird sowohl im Head Office als auch an der Seitenlinie prominentes Personal vorgestellt. Mit einem neuen Spielsystem und einigen Ergänzungen im Kader wollen die Sixers in der kommenden Saison angreifen. Dabei haben sie laut Medienberichten ein Auge auf Superstar James Harden geworfen.
Simmons, Embiid

Seit 2016 spielen Ben Simmons und Joel Embiid zusammen. Beide zeigen ein hohes Potenzial, doch der Durchbruch blieb bisher aus.
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Als sich Philadelphia in der vergangenen Offseason mit Al Horford verstärkte und auf dem Papier einer der dominantesten Starting Fives aufzuweisen hatte, war ihnen der Contender-Status sicher. Doch die 76ers blieben weit hinter ihren Erwartungen und es folgte eine holprige Saison – nur Platz 6 im Osten. Die Kritik am Kader und am Coach fand ihren Höhepunkt, als Philly in der ersten Runde der Playoffs von den Boston Celtics gesweept wurde. Ein Saisonverlauf, der die Verantwortlichen in der Stadt der brüderlichen Liebe zu Veränderungen zwang.

Neue Hoffnungsträger

Headcoach Brett Brown war es in sieben Jahren Amtszeit nicht gelungen, aufstrebende Sixers über die Semi Conference Finals hinaus zu führen. Die Franchise zog deswegen nach der Enttäuschung in der Bubble die Reißleine und schaute sich nach einem Nachfolger um. Dieser wurde Anfang Oktober dann in Doc Rivers gefunden. Der Meister-Coach von 2008 war nach seiner Entlassung bei den L.A. Clippers gleich bei mehreren Teams im Gespräch gewesen. Er galt auch als potenzieller Nachfolger von Mike D’Antoni bei den Rockets. Der damals noch amtierende Teampräsident in Housten Deryl Morey hatte vergeblich versucht Rivers nach Texas zu locken. Am vergangenen Montag stellten die 76ers Morey dann als ihren neuen Präsident of Basketball Operations vor. Der 48-Jährige hatte erst Mitte Oktober sein Amt bei den Rockets niedergelegt. „Ich muss schon sagen, zwei Star-Spieler im Alter von 24 und 26 Jahren [in Philadelphia], das ist ein Grund, warum ich Doc Rivers in Houston zu keinem Interview bewegen konnte. Er hat diesen Kader gesehen und gesagt: ‚Das ist unglaublich‘ und ‚Sorry, ich komme nicht nach Houston für ein Treffen, Daryl.‘ Und jetzt lande ich etwas später auch hier, das ist ziemlich cool“, erzählte Morey.

Zumindest General Manager Elton Brand schenkt man in Philadelphia weiterhin Vertrauen. Der 41-Jährige ist seit zwei Jahren im Amt und soll laut Medienberichten eine Vertragsverlängerung bis 2023 unterschrieben haben. Auch Adrian Wojnarowski bezieht Stellung zu der neuen Konstellation im Head Office in Philly. Brand und Morey sollen einen „1-2-Punch“ bilden, berichtet der ESPN-Experte.

Simmons & Embiid – funktionierendes Star-Duo?

Doch trotz dieser Veränderungen im Sixers-Personal bleibt die nach Jahren der Enttäuschung bestehende Kritik am Fit zwischen den Youngsters Ben Simmons und Joel Embiid. Simmons fehlender Wurf soll dem Bigman nicht das nötige Spacing geben. Der Australier soll seinen dominanten Zug zum Korb nicht ausleben können, da Embiid sehr postdominant agiert und ihm so die Räume nimmt. Zwei talentierte Spieler, die sich gegenseitig ausbremsen und nicht zusammen passen?

Morey zeigte sich im Interview zuversichtlich. „Ich bin mir absolut sicher, dass sie zusammen funktionieren können“, sagte der neue Sixer. In seiner Vergangenheit bei Housten prägte er gemeinsam mit Mike D’Antoni ein System mit extrem vielen Dreiern. Eine Spielidee, die auf dem Papier nicht zu Embiid und Simmons passt. „Es geht nicht darum, Spieler in ein bestimmtes System zu zwängen“, so Morey. „Erstens werden wir so spielen, wie Doc es vorsieht. Und zweitens bin ich der Meinung, dass die beste Möglichkeit, einen Titel zu gewinnen, darin besteht, Talent zu analysieren und herauszufinden, wie man es am besten einsetzt. Nicht wahr?“ Der angesprochene Coach pflichtet ihm bei und bringt seinem Star-Duo Vertrauen entgegen. „Ich habe keinen Zweifel, dass sie das können. […] Ich denke, wir müssen einfach das Narrativ ändern“, sagte Rivers.

Big 3 in Philly

Die Hauptaufgabe des neu formierten Head Offices in Philadelphia besteht also darin, rund um ihren Spielmacher und ihren Center einen funktionierenden Kader aufzustellen. In der vergangenen Saison enttäuschten besonders Tobias Harris und Al Horford , die im nächsten Jahr zusammen um die 60 Millionen Dollar verdienen werden. Hochdotierte Verträge, die offenbar als Tradeobjekt infrage kommen sollen. Sham Charania von The Athletic berichtet, dass die 76ers an James Harden interessiert sein sollen. Seit dem Deal mit dem Ex-Präsidenten der Rockets kursieren Trade-Gerüchte rund um „The Beard“. Morey hatte den Superstar einst nach Houston geholt. Harden würde die Sixers sicherlich zu einem Titelfavoriten machen, doch einen entsprechenden Gegenwert für einen Trade zu bieten scheint unmöglich. „Von der Rockets-Seite aus gibt es ein klares Nein“, erklärte Charania.

Der große Wurf in der Offseason ist für den neuen President of Basketball Operations nicht unbedingt notwendig. „Ein Fehler, den viele Organisationen machen, ist zu denken, dass sie am ersten Tag der Saison den perfekten Kader haben müssen“, so Morey. „Wenn es tolle Möglichkeiten gibt, kümmern wir uns darum. Aber man will das erst machen, wenn die Gelegenheit sich bietet. Es geht nicht darum, den ersten, sondern den besten Move zu machen. Wir wollen erst unser Verständnis steigern, bevor wir damit anfangen.“