Der Mythos „Defense wins Championships“ ist mindestens so alt wie der Sport selbst – und auch wenn dieses Mantra nicht zu 100 Prozent verifiziert werden kann, ist es kein Geheimnis, dass in einer auf offensiven Höchstleistungen basierenden Liga defensive Ausnahmekönner beim Kampf um Aufmerksamkeit der Fans oft leer ausgehen. Macht sich ein NBA-Spieler mit seiner Defense einen Namen, muss er am hinteren Ende des Parkett Besonderes geleistet haben.

In dieser BASKET Top Ten schauen wir auf die, die nicht nur für ihr Scoring bewundert, sondern für ihre Defense gefürchtet wurden – oder werden. Die Job- Beschreibung „Wing-Defender“ ist dabei extrem umfangreich, zumindest, wenn man auf höchsten Niveau agieren will. Auf der einen Seite werden Athletik und Schnelligkeit gefordert, um Guards wie Dwyane „Flash“ Wade vor sich zu halten, auf der anderen Seite ist außerirdische Kraft nötig, um Forwards wie LeBron James oder Paul George im Zaum zu halten. Dabei lautet die Aufgabenstellung jede Nacht: Dem besten Scorer des gegnerischen Teams das Leben so schwer wie möglich zu machen. Nur die wenigsten sind der Aufgabe 82 Spiele pro Saison und über mehrere Jahre hinweg gewachsen.

Bissig, furchtlos und dennoch kontrolliert sein – eine Gratwanderung, die es zu meistern gilt. Nicht nur körperliche Fähigkeiten heben die gelisteten Akteure von der Konkurrenz ab. Sei es der unbändige Siegeshunger eines Kobe Bryant oder der beinahe übernatürliche Fokus eines Kawhi Leonard – sie alle haben etwas, was sie in der Verteidigung besonders macht. Ihren Gegnern gehen sie dabei unter die Haut und nisten sich im Kopf ein. Wie festgekettet, nie bereit, sich abschütteln zu lassen. Spielzug für Spielzug, Nacht für Nacht. Für mehr wacklige Beine und schlaflose Nächte als die Spieler unserer BASKET Top Ten sorgte niemand. Sie haben mit Stolz und Kampfgeist jede Nacht eine neue Herausforderung angenommen, sich so auf der „ruhmlosen“ Seite des Feldes einen Namen gemacht – und schlussendlich ihre eigene Legende geformt!

10: Ron Artest/Metta World Peace

aktiv von: 1999-2017
Auszeichnungen: 1x All-Star, 1x NBA Champion, 4x All-Defensive Team, 1x All-Rookie Team, 1x Defensive Player of the Year

Seinen Namen lies Artest 2011 in „Metta World Peace“ ändern, für friedliches Verhalten war der Small Forward während seiner Karriere allerdings nicht bekannt. Als ein Hauptprotagonist im „Malice at the Palace“ und für seinen Ellbogen-Schlag gegen James Harden wird World Peace Fans und Gegnern als unberechenbares Enfant Terrible in Erinnerung bleiben. Doch auch seine Defensive gehört zu seiner Legende. Besonders über seinen Motor und Willen berichten frustrierte Gegner nach ihren Begegnungen mit Ron-Ron. Kurios: Metta verkündete, nach seiner NBA-Karriere in der NFL spielen zu wollen. Auch wenn daraus nichts wurde – gewundert hätte es wohl niemanden.

9: Joe Dumars

aktiv von: 1985-1999
Auszeichnungen: Hall of Fame, 6x All-Star, 2x NBA Champion, 3x All-NBA Team, 5x All-Defensive Team, 1x All-Rookie Team, 1x Finals-MVP

Joe Dumars verbrachte seine Karriere bei den Detroit Pistons und war ein prominentes Mitglied der „Bad Boys“, die 1989 und 1990 die Meisterschaft gewinnen konnten. Dumars war auf der Position des Shooting Guards zu Hause und musste daher, vor allem in den Playoffs, immer wieder eine Person verteidigen: Michael Jordan. Darin überzeugte er und wurde von „His Airness“ einst als bester Verteidiger bezeichnet, gegen den er je spielen musste. Joe Dumars war einer der vielseitigsten Defensivspezialisten der Geschichte der NBA und konnte am Perimeter so gut wie jeden Gegenspieler effektiv verteidigen.

8: Kobe Bryant

aktiv von 1996 – 2016
Auszeichnungen: Hall of Fame, 16x All-Star, 2x Scoring Champion, 5x NBA Champion, 15x All-Star, 12x All Defensive Team, 1x All-Rookie Team, 4x All-Star Game MVP , 2x Finals MVP , 1x MVP

Bei all den Auszeichnungen in der Karriere der „Black Mamba“ geht eine oft fast unter: 12x All-Defensive Team! Nur sein Hall-of-Fame Mit-Neuling, Tim Duncan, brachte es auf mehr. Für Kobe war es eine Frage von Ehre und Stolz, auch in der Defensive mit der „Mamba Mentality“ zu Werke zu gehen. Vor einer Begegnung mit dem „G.O.A.T.“ äußerte ein junger Bryant seinen Willen, den besten der Besten zu verteidigen: „Wenn ich die Chance habe, Michael Jordan zu verteidigen, dann will ich das auch. Ich will ihn – es ist die ultimative Herausforderung.“

7: Michael Cooper

aktiv von 1978 – 1990
Auszeichnungen: 5x NBA Champion, 8x All-Defensive Team, 1x Defensive Player of the Year

Geht es um die Showtime-Lakers, kommen Basketballfans immer wieder dieselben Namen in den Kopf: Magic Johnson und Kareem Abdul-Jabbar. Der beste Lockdown-Verteidiger der Franchise, die seit 1980 in zwölf darauffolgenden Saisons achtmal die NBA-Finals erreichte, war aber Michael Cooper. Fünfmal verhalf Cooper den Lakers mit seiner Defensive zum Titel. In drei Finalserien hatte er zusätzlich die Aufgabe, niemand geringeren als Larry Bird zu verteidigen – zwei dieser drei Duelle gingen an die Lakers. Bird bezeichnete Cooper einst als besten Spieler, der ihn je verteidigte. 1987 schloss sich die NBA diesem Statement auch ganz offiziell an und verlieh ihm den „Defensive Player of the Year“-Award.

6: Kawhi Leonard

aktiv seit: 2011
Auszeichnungen: 4x All-Star, 1x Steals Champion, 2x NBA Champion, 3x All-NBA Team, 5x All-Defensive Team, 1x All-Rookie Team, 1x All-Star Game MVP , 2x Defensive Player of the Year, 2x Finals MVP

Dank seiner riesigen Hände wird Kawhi nur„The Klaw“ genannt. Diese nutzt der zweifache Finals-MVP, um scheinbar offene Passwege zu schließen oder dem Gegner ganz einfach den Ball zu entreißen. Doch nicht nur deshalb ist Leonard ein derart unangenehmer Verteidiger. Gesegnet mit exzellenten Instinkten und verfeinert durch einen hohen Basketball-IQ besitzt er alle Voraussetzungen, seinen Gegnern defensiv die Hölle heiß zu machen. Während seine Mitstreiter dieser Liste oftmals für ihre Exzentrik und den Trash-Talk bekannt sind, schafft Leonard es nur durch seine Taten, Gegner ihn fürchten zu lassen.

5: Alvin Robertson

aktiv von 1984-1996
Auszeichnungen: 4x All-Star, 3x Steals Champion, 1x All-NBA Team, 6x All Defensive Team, 1x Defensive Player of the Year, 1x Most Improved Player

Schon sein zweites Jahr in der NBA war eine Saison für die Geschichtsbücher. Robertson gewann sowohl den „Most Improved Player“-, als auch den „Defensive Player of the Year“-Award. Dabei holte er 3,7 (!) Steals pro Spiel, bis heute Rekord. Am 18. Februar 1986 erzielte er als einziger Spieler jemals ein Quadruple-Double mit Steals. Den gegnerischen Ball zu klauen war Robertsons große Stärke. Dreimal führte er die NBA in dieser Kategorie an und weist mit 2,7 Steals pro Spiel den höchsten Durchschnittswert aller Spieler der NBA-Geschichte auf. Leider kam seine Karriere verletzungsbedingt ins Stocken. So blieb es ihm verwehrt, noch mehr Rekorde zu brechen.

4: Bobby Jones

aktiv von 1974-1986
Auszeichnungen: Hall of Fame, 5x All-Star, 1x NBA Champion, 1x All-NBA Team, 11x All-Defensive Team, 1x All-Rookie Team, 1x Sixth Man of the Year

Zwölf Jahre lang war der „Secretary of Defense“ aktiv, davon schaffte er es – außer nach seiner letzten Saison – jedes Jahr ins All-Defensive Team. Jones war vor seiner achtjährigen NBA-Karriere in Philadelphia auch vier Jahr in der ABA aktiv. In beiden Ligen verrichtete er defensives Chaos. Sich selbst bezeichnet der Forward übrigens einmal als „Anti-Scorer“, was seine Aufnahme in die Hall of Fame umso beeindruckender macht. Während die meisten seiner Ruhmeshallen-Kollegen dort für ihre Offense einen Platz erhalten haben, setzte Jones der NBA defensiv seinen Stempel auf – und revolutionierte die Defense auf den großen Positionen.

3: Sidney Moncrief

aktiv von: 1979-1991
Auszeichnungen: Hall of Fame, 5x All-Star, 5x All-NBA Team, 5x All-Defensive Team, 2x Defensive Player of the Year

Moncrief war 1983 der erste Spieler, der den neu geschaffenen „Defensive Player of the Year“-Award verliehen bekam. Auch im Folgejahr wurde er zum besten Verteidiger der NBA ernannt. Viele meinen, dass er noch mehr Trophäen bekommen hätte, wenn es die Auszeichnung schon früher gegeben hätte. Der gesamten NBA war er als DER Lockdown-Verteidiger bekannt und wurde unter anderem von Michael Jordan immer wieder gelobt. Auch wenn „The Squid“ mit seinen Milwaukee Bucks regelmäßig die Playoffs erreichte, langte es nie für einen Titel. Trotzdem führte sein Weg 2019 nach Springfield in die Hall of Fame.

2: Michael Jordan

aktiv von: 1984-2003
Auszeichnungen: Hall of Fame, 14x All-Star, 10x Scoring Champion, 3x Steals Champion, 6x NBA Champion, 11x All-NBA Team, 9x All-Defensive Team, 1x All-Rookie, 3x All-Star Game MVP , 1x Defensive Player of the Year, 6x Finals MVP , 5x MVP , 1x Rookie of the Year

Jeder erinnert sich an Jordans Jumper in Spiel Sechs der NBA-Finals 1998. Doch bevor es überhaupt dazu kommen konnte, stahl MJ dem „Mailman“ im wichtigsten Moment dessen Karriere den Ball. „His Airness“ zerstörte Träume und Karrieren an beiden Enden des Feldes. Sein endloser Siegeswille trieb „Air Jordan“ wieder und wieder zu Höchstleistungen. Der „G.O.A.T.“ ist allen, die nach ihm kamen, ein Idol und Vorbild – auch defensiv. So orientieren sich heutige Superstars nicht allein an seinen offensiven Skills, sondern vor allem auch an seiner „Drecksarbeit“ am hinteren Ende des Courts.

1: Scottie Pippen

aktiv von 1987-2004
Auszeichnungen: Hall of Fame, 7x All-Star, 1x Steals Champion, 6x NBA Champion, 7x All-NBA Team, 10x All-Defensive Team, 1x All-Star Game MVP

Scottie Pippen wird den Ruf als Jordan-„Sidekick“ (zu unrecht) wohl nie los – Defensiv hat die „Nummer zwei“ aber hauchdünn die Nase vorne. Auch wenn er im Vergleich weniger Awards erhielt, war er es, der am hinteren Ende des Courts mehr zu tun hatte. Pippen verteidigte gegen den besten Angreifer des gegnerischen Teams, um die defensive Last von MJs Schultern zu nehmen. Mit seinen Maßen und seiner Athletik würde Scottie heute noch zu den besten Defendern der Liga zählen.

 

Text: Tobias Graap / Valentin Kuchler

Fotos: Gettyimages