Das vor der Saison Unvorstellbare ist eingetreten: Die Golden State Warriors haben die NBA-Finals verloren. Verletzungspech und in Teilen mangelnde Disziplin kostete den Top-Favoriten den Titel – steht die Dynastie um Curry, Thompson, Green und Co. nun vor dem Aus? 

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Stephen Curry wird in der kommenden Saison ohne KD und vorerst ohne Klay Thompson bestehen müssen (Foto: Getty Images).

Während die Toronto Raptors ihren Triumph langsam zu begreifen scheinen, stehen Stephen Curry und Steve Kerr wie zwei alte Kumpels an der Seitenlinie. Beide haben ein fast schon verschmitztes Lächeln im Gesicht, für das es eigentlich keinen Grund gibt. Mit noch knapp über sechs Sekunden Spielzeit und einem Punkt Rückstand hatte der beste Shooter aller Zeiten einen durchaus offenen Wurf, ungefähr an dem Spot, von dem aus Kyrie Irving die Warriors 2016 mit seinem „Dagger“ versenkt hatte. Ein Wurf, über den Curry auf der anschließenden Pressekonferenz sagt: „Von zehn Würfen aus dieser Position würde ich zehn genau so wieder nehmen.“ Das sagt er in dem Bewusstsein, dass ihm in der Oracle Arena in den vergangenen Jahren mehr als einmal der entscheidende Wurf geglückt war. Und trotzdem lächeln Curry und Kerr, der Coach, fast schon mitleidig. Als wolle er sagen: „Mach dir keinen Vorwurf – die Serie ist nicht durch diesen Wurf entschieden worden.“ Wie Recht er doch hat …

Der Nimbus ist weg

Das vor der Saison beinahe Unvorstellbare ist tatsächlich eingetreten: Zum zweiten Mal nach 2016 mussten sich Steve Kerrs Golden State Warriors in den NBA Finals geschlagen geben. Die mit fünf Allstars gespickte Über­truppe, vor der Saison als potenziell bestes Team aller Zeiten gehandelt, hat den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. In den ersten beiden Heimspielen der Finalserie gab es eine Niederlage, auch im letzten Spiel in der Oracle Arena vor dem Umzug nach Downtown San Francisco gab es kein Happy End. „So haben wir uns den Abschied hier natürlich nicht vorgestellt. Ich werde immer mit einem Lächeln an der Arena vorbeifahren, aber jetzt gilt es, an neuer Stelle neue Geschichte zu schreiben“, sagte Curry nach dem Spiel.

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Draymond Green leistete sich in den Playoffs sechs „Technicals“ (Foto: Getty Images)


Mit der Aufarbeitung der diesjährigen Finalserie werden die Macher in Oakland allerdings noch ein wenig beschäftigt sein – oder lässt sich die Niederlage auch ganz leicht erklären? Schließlich hätte ein gesunder Kevin Durant einen gewaltigen Unterschied gemacht, und hätte Klay Thompson nicht das letzte Viertel in Spiel sechs verpasst, wer weiß, ob es dann nicht zum Entscheidungsspiel in Toronto gekommen wäre?


Das „Was-wäre-wenn“-Szenario durchzuspielen ist allerdings müßig und würde dem neuen Champion aus Kanada auch nicht gerecht. Bei allem Verletzungspech, das die Serie natürlich maßgeblich beeinflusst hat, muss die Frage erlaubt sein, ob wir mit den NBA-Finals 2019 auch das Ende der Warriors-Dynastie miterlebt haben. Denn was der Sommer bringt, vermag aktuell noch niemand zu sagen. Und selbst wenn die beiden zunächst einmal lange verletzten Durant (Achillessehnenriss) und Thompson (Kreuzband) weiter bei den „Dubs“ unterschreiben sollten, dürften sie doch einen Großteil der kommenden Saison verpassen. Abgesehen von den seelischen Narben, die diese Verletzungen bei allen Beteiligten in Kalifornien hervorgerufen haben. „Für Klay tut es mir besonders als Mensch leid. Wenn man gesehen hat, wie er heute alles gegeben hat, ist so ein Ausgang einfach nur bitter“, sagte ein sichtlich angeknockter Steph Curry nach Spiel sechs.

„Techs“ und Turnover

Die Niederlage gegen das schlicht bessere Team aus Kanada einzig daran festzumachen, greift jedoch zu kurz. Natürlich von Personalsorgen geplagt, gingen die Warriors wie bereits in vielen Phasen der Regular Season schlampig mit dem Ball um, leisteten sich pro Partie beinahe vier Turnover mehr als die Raptors (16,7 zu 12,8). Gerade in den Heimspielen brach dies den Warriors ein Stück weit das Genick, fanden sie dadurch nur zu selten in ihren einzigartigen Rhythmus. Lediglich in Spiel zwei zeigten die Warriors mit einem Halbzeit-übergreifenden 27:3-Run ihre ansonsten so gefürchtete Qualität. 2,5 Würfe mehr nahmen die Raptors über die sechs Partien, ein Stat, der gerade in engen Spielen wie in Game sechs entscheiden kann.

Autor: Mick Oberbusch

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