Es gibt Personen, die kennt jeder Basketball-Fan. Sie gehören zum Grundlagenwissen, sind gewissermaßen das Einmaleins eines jeden NBA-Nerd-Talks. Vince Carter ist eine dieser Personen. Denn Vince Carter ist ein Phänomen. Weil es trotzdem so viel Spaß macht, und für diejenigen, die nicht mit der NBA der Jahrtausendwende aufgewachsen sind, nachfolgend die Kurzzusammenfassung: Vince Carter ist der wohl beste Dunker in der Geschichte der Liga, ein Athlet der Sonderklasse und einer, der das Spiel auf eine Weise spielte, wie es nur die Wenigsten zu tun vermochten – womit er dem Spiel unzweifelhaft seinen Stempel aufdrückte.
Kaum zu glauben, dass dieser Mann immer noch in der besten Basketballliga der Welt aktiv ist – mittlerweile bei den Atlanta Hawks – und dabei nur marginal älter geworden zu sein scheint: Erst kürzlich präsentierte er beim Aufwärmen vor einem Spiel gegen die 76ers mal eben einen „Windmill“-Dunk, welchen er so einfach aussehen ließ, dass selbst Bill Russell für einen Moment darüber nachdachte, sich kurzerhand seines Gehstocks zu entledigen und das Celtics-Jersey überzuwerfen. Auch im Spiel selbst dreht der Shooting Guard zuweilen gerne an der Uhr und zaubert Putback-Dunks oder sonstige Akrobatiken aufs Parkett, die für einen Mann in den Vierzigern äußersten Seltenheitscharakter haben.
Dabei ist es nicht so, dass „VC“ der Erste ist, der in diesem hohen Sportleralter noch in der NBA spielt; man denke nur an Robert Parish oder Kevin Willis, die beide noch mit sagenhaften 43 bzw. 44 Lenzen regelmäßig ihre Sneaker schnürten. Das Beeindruckende ist vielmehr, dass er mit 41 noch eine Athletik an den Tag legt, die kein Basketballer seines Alters vor ihm besaß, und Dunks vollführt, die er bereits mit 21 Jahren zeigte.
The next Jordan?
Als der 1977 geborene Vincent Lamar Carter im Jahre 1998 an fünfter Stelle von den Golden State Warriors gepickt wird und als North Carolina-Rekrut die NBA-Bühne betritt, ist sein heutiger Teamkollege Trae Young noch nicht einmal geboren. Zu dieser Zeit, als Michael Jordan gerade abgetreten war, ist es Usus in Medien und Expertenkreisen, exorbitant talentierte Jungbasketballer als „The next Michael Jordan“ zu bezeichnen. Zu den Spielern, denen diese Prognosen später in ihrer Karriere aus verschiedenen Gründen zum Verhängnis wurden, gehören nicht nur Grant Hill und Tracy McGrady (übrigens ein entfernter Cousin von Vince), sondern eben auch Carter. Damals weiß allerdings noch niemand, dass er letztlich nicht in MJs Fußstapfen treten wird. Man weiß nur: Dieser Junge trägt das Dunken in seiner DNA.
Auf Anhieb begeistert der 21-Jährige ausnahmslos jeden, der ihm beim Spielen zuschaut; den schwächelnden Toronto Raptors, zu denen er noch in der Draft-Nacht getradet wird, verhilft er innerhalb weniger Saisons zu neuem bzw. erstem Glanz (die Raptors gehören erst seit 1995 zur NBA). Dabei bekommt er familiäre Unterstützung, denn auch McGrady, ein Jahr zuvor gedraftet, steht bei der kanadischen Franchise unter Vertrag. Als imposantes Duo verzücken sie die Fans aus dem Norden mit jeder Menge Dunks und Spektakel, schnell nennen die Fans Carter „Air Canada“, denn der in Florida geborene Zweier verbringt gefühlt mehr Zeit in den Lüften als auf Mutter Erde.
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