In Los Angeles steht Cavs-Superstar LeBron James nicht nur wegen seiner Wahl zum All-Star-Game-MVP im Mittelpunkt, auch als Persönlichkeit polarisiert „LBJ“.

Beim All-Star-Weekend richten sich traditionell die Augen der gesamten Basketballwelt für ein Wochenende auf die absoluten ­Superstars der NBA. LeBron James bewies dabei in L.A. ein weiteres Mal, warum er – nicht nur rein spielerisch – der prägendste Athlet der aktuellen Generation ist. „King James“ nutzte das Brennglas der globalen Medienaufmerksamkeit nicht nur, um im BASKET-Interview über die Cleveland ­Cavaliers 2.0 zu sprechen, sondern auch, um ­aktuelle gesell­schaftsrelevante Themen wie ­soziale Gleichberechtigung zu thematisieren. Bereits die ­gesamte Saison tritt „LBJ“ meinungsstark für die ­Belange der afroamerikanischen Minderheit ein und betont ­bestehende Missstände. Zuletzt wurde er hierfür vom Nachrichtensender FOX attackiert.

LeBron, was war deine erste Reaktion auf die Kommentare der FOX-Nachrichtensprecherin Laura ­Ingraham, die vorschlug Basketballer sollten doch in sozialen Angelegenheiten „die Klappe halten und dribbeln“?

Um ehrlich zu sein, musste ich erst einmal lachen, als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau ist oder was sie genau macht, und nach solch einer Aussage sollte ihr Name auch gar nicht weiterverbreitet werden, finde ich. Ich hätte etwas mehr Respekt vor ihr, wenn sie die Worte selbst gewählt und nicht einfach stumpf vom Teleprompter abgelesen hätte. Aber Aussagen wie diese bringen mich zu dem Schluss, dass all die Kritik, die ich über die letzten Jahre geübt habe, berechtigt war. Aber wir werden auf keinen Fall die Klappe halten und dribbeln. Das werde ich unter keinen Umständen tun, denn dafür bedeute ich zu viel für die Gesellschaft und für die Jugend. Es gibt zu viele Jugendliche, die ihre Aufmerksamkeit auf Athleten wie uns richten, um mit den Situationen umzugehen, in denen sie sich selbst befinden. Außerdem hätte sie ein bisschen besser ­recherchieren sollen, denn ich habe sehr wohl meinen Highschool-Abschluss gemacht. Als afroamerikanischer Jugendlicher und Sohn einer alleinerziehenden Mutter in einer amerikanischen ­Innenstadt aufzuwachsen und aus unseren finanziellen Gegebenheiten das zu erreichen, was ich erreicht habt, ist sicherlich eine statistische Anomalie. Mir ist wichtig, dass die Jugendlichen in diesem Land wissen, dass auch sie es schaffen können.

Und deshalb werde ich sicherlich nicht die Klappe halten und dribbeln, denn dafür habe ich zu viel Verantwortung für meine beiden Söhne und für meine Tochter. Das Beste, was diese Reporterin mit ihrer Aktion bewirkt hat, ist, mir und uns zu erlauben, noch mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema und für die Missstände in diesem Land zu erzeugen. Und wenn ich beim All-Star-Wochenende, wenn die Aufmerksamkeit der gesamten Basketballwelt in so vielen Ländern rund um den Globus auf dieser Veranstaltung ruht, über soziale Ungerechtigkeiten und Gleichberechtigung sprechen kann, dann ist das ein Gewinn für uns alle. Wir werden nicht die Klappe halten und dribbeln, sondern werden über das sprechen, was wirklich wichtig ist.

Athlet

Mit vier MVP-Titeln fehlt LeBron James nur noch ein Award, um mit Michael Jordan gleichzuziehen (Foto: Getty Images).

Es gab eine Zeit, in der Athleten nicht über soziale Ungerechtigkeit sprechen wollten oder nicht den Mut aufgebracht haben, es zu tun. Aber ich habe immer gesagt, dass ich mehr bin als nur ein Athlet. Ich tue das, weil es mir wichtig ist und weil ich weiß, dass die Sache, um die es geht, größer ist als ich. Meine schwierigste Aufgabe ist es, zwei afroamerikanische Jungs und ein afroamerikanisches Mädchen in der heutigen Gesellschaft zu erziehen. Ich versuche, ­ihnen – so gut ich kann – beizubringen, was richtig und was falsch ist und wie es um unsere Gesellschaft bestellt ist. Der Motor, hinter dem diese Journalistin sitzt (FOX, Anm. d. Red.), hat keinen besonders guten Ruf, wenn es um ihre Darstellung der Rassenthematik in unserem Land geht. Ob ihre Äußerungen als solche jetzt rassistisch waren oder nicht, die Spannungen sind in letzter Zeit überall zu spüren. Daher überrascht es mich nicht weiter. Ich versuche lediglich, dafür zu sorgen, dass wieder in einem positiveren Licht von außen auf Amerika geblickt werden kann.

Ich versuche, mit der Plattform, die ich habe, nicht die negative Seite zu vertreten, sondern etwas zur Verbesserung der Situation beizutragen. Hast du das Gefühl, dass du in der Diskussion um ­soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung stellvertretend als Symbol für die Athleten im Allgemeinen benutzt wirst? Während der letztjährigen Finals wurde mein Haus hier in Los Angeles durch Vandalismus beschädigt, und jetzt, während des All-Star-Wochenendes, ­wurden die Kommentare dieser Journalistin zum Thema – es kann sein, dass ich durch meine Standpunkte und meine Aussagen zum Thema Gleichberechtigung als Symbol genutzt werde, aber solange das Ganze dem Guten dient, ist das für mich in Ordnung. Ich tue es nicht, um einen Preis zu bekommen. Ich glaube nicht, dass Muhammad Ali, Jim Brown oder Bill Russell sich engagiert haben, um am Ende einen Preis zu gewinnen. Wir alle wissen, dass es um mehr geht als nur um uns selbst. Dieses Thema ist größer als nur Basketball, und ich versuche, meinen Teil zu einer positiven Veränderung beizutragen.

Christian Trojan

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