Während nach der Draft-Nacht die Top-3-Picks Markelle Fultz, Lonzo Ball und Jayson Tatum in aller Munde waren, erschienen viele andere Talente den Medien als nicht prominent genug, um diesen eine Schlagzeile zu widmen. Einer dieser übersehenen Spieler war Kyle Kuzma, Absolvent der University of Utah. Kuzma wurde an 27. Stelle- von den Brooklyn Nets gewählt und nur Stunden später zusammen mit Brook Lopez gen Los Angeles zu den Lakers geschickt. Dafür gaben- die Lakers ihre Point-Guard-Hoffnung D’Angelo Russell und Big Man Timofey Mozgov ab, dessen Vertrag sich als viel zu groß herausgestellt hatte (vier Jahre, 64 Millionen US-Dollar). Im ersten Moment für viele Experten ein schlechter Deal für die Kalifornier. „Wieso lässt man einen vielversprechenden Youngster ziehen, um dafür keinen annähernd gleichen Gegenwert zu bekommen?“, fragen sich die Fans. Doch spätestens nach dem zweiten Spiel der Las Vegas Summer League, in dem Kuzma 31 Punkte erzielte und neun Boards gegen die Celtics abgriff, ist jedem klar, dass sich der 22-Jährige als Draft-Steal entpuppen könnte. Im Finale, in dem er mit 30 Punkten, zehn Rebounds- und sechs Dreiern abermals eine klasse Performance liefert, avanciert er zum Matchwinner und wird anschließend zum MVP des Spiels gewählt. Ein Trend, den der späte Erstrundenpick in der Preseason und in den ersten NBA-Spielen fortsetzen sollte.
Nach drei Jahren am College in Utah, in denen sich Kuzma von Spielzeit zu Spielzeit verbesserte, soll er nun dem jungen Team der Lakers beim angestrebten Wiederaufbau helfen. Er bringt Voraus-setzungen mit, die stark an die des letztjährigen No.-2-Picks Brandon Ingram erinnern. Beide haben für einen- Small Forward eine anständige Größe (2,06 m), verfügen über eine überragende Athletik und eine gute Übersicht. Der Unterschied zwischen den beiden ist jedoch, dass Kuzma ein paar Pfund Muskelmasse mehr auf die Waage bringt als Ingram. Diesen physischen Vorteil weiß Luke Walton einzusetzen, indem er seinen Rookie des Öfteren auch auf die Vier verschiebt. Dort kann er ihn während Smallball-Phasen als Stretch-Four einsetzen. Mit einer Spannweite von 2,14 Metern besitzt er außerdem genug Länge, um auch gegen größere Konkurrenten Rebound-duelle für sich zu entscheiden. Kuzma, der während seiner College-Laufbahn eher nicht durch seine Erfolgsquote von „behind- the arc“ auffiel, bekommt als Mitglied der Lakers das Vertrauen, es auch von draußen zu versuchen (3,9 Dreier pro Spiel). Grund dafür ist nach eige-ner Aussage Coach Walton: „Ich spiele sorgenfrei unter ihm. Die Bewegung in der Offense und die Art, wie Luke uns coacht, erlauben es uns, sehr frei zu spielen.“
Magics Ankündigung
Mit dieser unbekümmerten Spielweise galt der Neu-Laker zu Saisonbeginn nicht ganz zu Unrecht als ein Geheimtipp für die Starting Five. Ingram jedoch beanspruchte den Spot des Small Forwards für sich. Durch die Daumenverletzung von Larry Nance Jr., die dieser sich Anfang November zuzog, ist Julius Randle der einzige Konkurrent auf der Vier. Gegen diesen konnte sich der Forward mit einem Soziologieabschluss im Kampf um die „erste Fünf“ zunächst durchsetzen. Doch im Vergleich zu seinen Mitbewerbern ist in seiner Verteidigung noch eine Menge Luft nach oben. Häufig fehlen das nötige Quäntchen Aggressivität in der On-Ball-Verteidigung und die Übersicht, um gut für die Helpside positioniert zu sein. Auf die Frage, wo Kuzma bei sich selbst Verbesserungsbedarf sieht, zeigt er sich jedoch selbstkritisch: „In der Defense muss ich mich steigern. Ich möchte einer der besten Two-Way-Player dieser Liga werden und glaube, dass ich dazu die nötigen Voraussetzungen habe. Dafür muss ich stärker werden und meinen Wurf weiter verbessern. “
Dass Kyle Kuzma eine wertvolle Ergänzung für die Lakers ist, steht außer Frage-. Lakers-Legende und aktueller Präsident der Franchise Magic Johnson, der genau wie Kuzma aus Michigan stammt, adelte seinen Spieler bereits vor Saisonbeginn als Glücksgriff: „Ich sage es euch: Der Steal des Drafts wird Kyle Kuzma sein. Der Junge kann werfen und vor allem Räume für sich und seine Mitspieler kreieren.“ Das deutlich höhere Niveau der NBA im Vergleich zur Vorbereitung scheint den Forward nicht zu beeinträchtigen, sodass er den guten Eindruck, den er im Sommer hinterließ, bestä-tigen konnte. Die Umstellung von College- auf NBA-Basketball gelang ihm somit vergleichsweise schnell. Aus Erfahrung weiß man, dass Rookies nur in Ausnahmefällen sofort in der Liga einschlagen und ihre Teams direkt verbessern. Meist brauchen die Neuankömmlinge eine oder sogar zwei Saisons, um sich an die neue Spielweise anzupassen. Mit beeindruckenden Stats (15,5 PPS, 6,8 REB, 1,3 AS) für einen 27. Pick weiß Kuzma seinem Team sofort weiterzuhelfen.
Während in der City of Angels die frühen Kritiker des Russell-Trades längst verstummt sind, werden sich viele Teams fragen, wie sie dieses Talent im Draft übersehen konnten. Mit ihm als einem von vielen Talenten im Roster schielen die Lakers mit einem Auge bereits auf einen der Playoffplätze in den nächsten Jahren. Zwar wird Lonzo Ball aller Voraussicht nach der neue Franchise-Player sein und das Lieblingsobjekt der Medien- darstellen, doch die Bedeutung guter Helfer wurde in der NBA noch nie unterschätzt. Sollten sich die Gerüchte um Paul George oder LeBron James, die es wohl schon länger reizt, in die Weltmetropole zu ziehen, in der nächsten Sommerpause bewahrheiten, könnten die Postseason-Träume schneller in Erfüllung gehen als man denkt.
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