Die ersten zehn Jahre spielte die „Black Mamba“ mit der 8, die zweiten zehn mit der 24. Mit beiden Rückennummern ist er Meister geworden, war individuell überragend. Klar, dass die Fans nun streiten: Welcher Kobe war besser? Für BASKET ist die Sache klar.

Kobe Bryant verabschiedet sich bei seinem letzten NBA-Spiel von seinen Fans.

Enges Rennen: Mit der 8 scorte Kobe in zehn Jahren 16.866 Punkte, mit der 24 dann 16.777.
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Als Kobe Bryant am 13. April zum allerletzten Mal seine Nikes für ein NBA-Spiel schnürte, hatten die Los Angeles Lakers das Parkett des heimischen Staples Centers mit etwas ganz Besonderem verziert. Beide Nummern, die Kobe im Laufe seiner illustren Karriere auf dem Rücken trug, waren im übergroßen Format auf der Spielfläche zu sehen: die 8 vor der gegnerischen Bank, die 24 neben einer der Zonen. Eine große Geste der Lila-Goldenen. Die beiden Nummern haben einen besonderen Stellenwert, teilen sie seine Karriere doch geradezu exemplarisch in zwei Hälften: Von seinem Rookie-Jahr bis 2006 trug er die 8, von 2006 bis zum Ende dieser Spielzeit die Nummer 24. Beide Zahlen haben dabei für die Fans unterschiedliche Bedeutungen: Einige haben eher den jungen, athletischen Kobe Bean vor Augen, andere sind vielleicht erst mit der zweiten Karrierehälfte und damit mit der 24 groß geworden. Kein Wunder, dass sich die Fans streiten: Welcher Kobe Bryant war der bessere? Mit welcher Rückennummer war Kobe Bryant wirklich Kobe Bryant? Und damit auch: Welches Jersey soll die Franchise aus Los Angeles unter das Hallendach des Staples Center hängen? Keine leichten Fragen. Doch was bleibt uns anderes übrig, als das Ganze mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen? Also los.

Zahlen lügen nicht
Will man im Basketball (und speziell in der NBA) Dinge miteinander vergleichen und bewerten, werden als Erstes immer Statistiken zurate gezogen – so auch in der Causa „8 vs. 24“. Sie liefern nämlich einen ersten Anhaltspunkt in der Frage, welcher Kobe nun besser war. Wir beschränken uns hierbei auf die folgenden Kategorien: Punkte, Rebounds, Assists, Steals, Turnover, Feldwurfquote, Dreierquote und das „Player Efficiency Rating“ (PER). In seiner ersten Karrierehälfte legte Kobe durchschnittlich folgende Werte auf: 23,9 PPS, 5,1 REB, 4,5 AST, 1,5 STL, 2,9 TO. Außerdem brachte er 45 % seiner Feldwürfe sowie 33 % seiner Dreipunkteversuche im gegnerischen Korb unter. Im Durchschnitt brachte er es auf ein PER von 22,2 (ein guter Durchschnittswert). In seiner zweiten Dekade konnte die „Black Mamba“ 26,3 PPS, 5,3 REB, 4,9 AST, 1,4 STL und 3,1 TO verbuchen. Hinzu kamen 43 % aus dem Feld, 31 % von Downtown und ein PER von 20,8. Soweit die Fakten. Man erkennt: Der 37-Jährige war insgesamt gesehen besser mit der Acht auf dem Rücken, gewinnt in diesem Abschnitt fünf Kategorien. Die essenziellen Bereiche (Punkte, Rebounds, Assists) dominierte er jedoch mit der 24. Vor allem die Wurfquoten jedoch verschlechterten sich in den letzten Jahren seiner NBA-Zeit immer mehr, das zunehmende Alter drückte dem Spiel Kobes unverkennbar seinen Stempel auf. Die Nummer acht geht also hier mit 1:0 in Führung.

In allen Ehren
Ein weiterer Vergleichsaspekt sind die individuellen Auszeichnungen, Ehrungen und Bilanzen, die große Spieler im Laufe ihrer Karriere zuhauf erhalten. Auch hier liegt der Fokus auf den wichtigsten Kategorien. Von 1996 bis 2006 erreichte „Vino“ neun Mal die Postseason (nur 2005 nicht), war acht Mal All Star, vier Mal im All-NBA First Team, war einmal Scoring-Champ (2006). Er gewann mit den Purpur-Goldenen vier Mal die Western Conference und drei NBA-Titel (2000–2002). Schaut man auf die Jahre nach 2006, sind diese Erfolge aufzuzählen: sieben Mal Playoffs (auch wenn er 2013 wegen seines Achillessehnenrisses nicht in den Playoffs mitwirken konnte, so hatte er doch großen Anteil daran, dass die Lakers überhaupt die Postseason erreichten), zehnfacher All Star, sieben Mal All-NBA First Team, ein Mal Scoring-Champ (2007). Hinzu kommen der Season-MVP-Titel 2008, drei gewonnene Western-Conference-Titel, zwei Championships (2009 und 2010) und zwei Finals-MVP-Trophäen (2009 und 2010). Natürlich fällt sofort ins Auge, dass Kobe mit der 24 mehr erreichte – Ausgleich. Bevor nun jedoch kritische Stimmen so etwas sagen, wie: „Warum das denn? Er hat mit der 8 den Three-Peat geholt, mit der 24 aber nur zwei Titel!“, sagen wir: Die Titeldiskussion ist durchaus ein gutes Stichwort!

Sein größtes Vermächtnis
Sie führt nämlich direkt zum alles entscheidenden Knackpunkt dieser Debatte. Ja, Kobe hat in den Jahren 2000 bis 2002 den historischen Three-Peat geschafft – eine Leistung, die neben den Lakers bisher nur den Celtics und Bulls vergönnt war. Aber man sollte sich auch klarmachen: Die Titel-Trilogie schrieb er Anfang der 2000er nicht etwa alleine, sondern zusammen mit einem gewissen Shaquille O’Neal, in den Augen vieler der dominanteste Center aller Zeiten. Er war nicht der alleinige Superstar eines großartigen Teams, sondern eben nur einer von zweien. Erst als auf dem Mamba-Rücken die 24 prangte, schaffte er den Sprung zum alleinigen Champ. Denn als Bryant 2009 und 2010 zwei Titel in Folge mit seinen Lakers gewann, zweifelte keiner daran, wer der absolute Franchise-Player war: Kobe Bean Bryant. Erst nach diesen Triumphen konnte er der Basketballwelt beweisen, dass er ein echter Winner ist. So wie einst Jordan.

Man stelle sich nur vor, Kobe hätte seine letzten beiden Ringe nicht geholt. Er hätte wohl nie den Status erreicht, den er heute hat und mit dem er im April so glorreich verabschiedet worden war. Nicht falsch verstehen: „Vino“ war mit der 8 überragend, sorgte für zahlreiche unglaubliche Momente (81 Punkte zum Beispiel). Aber in seiner letzten Karrierehälfte hat er sein größtes Vermächtnis geschaffen: Er hat den Schritt zur lebenden Legende, zu einem der besten Spieler aller Zeiten gemacht. Deshalb gewinnt die 24.

#8: 1996-2006: Neun Playoff-Teilnahmen, acht All-Star-Nominierungen, vier Mal All-NBA First Team, ein Mal Scoring-Champion (2006), ein Mal Slam-Dunk-Champion (1997), vier Mal Western-Conference-Champion, drei NBA-Titel (2000–2002).

#24: 2006-2016: Auch in der zweiten Karriere-Hälfte sammelte Kobe weiter Titel und Auszeichnungen: sieben Playoff-Teilnahmen, zehn All-Star-Nominierungen, sieben Mal All-NBA First Team, ein Mal Scoring-Champion (2007), ein Mal MVP (2008), drei Mal Western Conference-Champion, zwei NBA-Titel (2009, 2010), zwei Mal Finals-MVP (2009, 2010).