Wenn beim Draft am 23. Juni der Name Jakob Pöltl ertönt, kommt erstmals ein „Ösi“ in die NBA! Der Center gilt als ganz heiße Aktie – kann er ähnlich durchstarten wie einst Dirk Nowitzki?

Okay, Arnold Schwarzenegger brachte es bis zum Gouverneur von Kalifornien. Aber ein Österreicher in der National Basketball Association? Das galt selbst im Land der unbegrenzten Möglichkeiten lange als Mission Impossible. Bis Jakob Pöltl kam. Der Sophomore-Seven-Footer von der University of Utah (17,5 Punkte, 9,1 Rebounds, 1,6 Blocks pro Spiel) wurde im März zum „Pac-12 Player of the Year“ gewählt. Und: Er zählte zu den 15 Nominierten für den legendären „John R. Wooden Award“, die wichtigste Auszeichnung im College-Basketball. Doch Pöltl elektrisierte nicht nur die Fans in der College-Liga, sondern auch die General Manager der NBA! Im Juni wird der 20-Jährige endlich Profi.

Vergleiche liegen auf der Hand

Wenn Jakob Pöltl in ausgewaschenen Jeans, Hoodie und Riesen-Sneakers über den Uni-Campus am Rand von Salt Lake City latscht, interessieren ihn weder Awards noch Prognosen. Behauptet er zumindest! „Ich hatte im College-Alltag zuletzt wenig Zeit“, erklärt Pöltl im Gespräch mit BASKET. „Ich lese im Moment kaum etwas bis nix über Basketball. Nur meine Mitspieler haben mich hin und wieder informiert.“ So oder so – die jüngsten News waren exzellent für „Jak“, wie ihn die Teamkollegen nennen: In allen wichtigen Mock Drafts wird er als Top-Ten-Pick gehandelt. Dass der Center am 23. Juni im Barclays Center in Brooklyn gedraftet wird, ist somit klar. Die Frage lautet nur noch: Als wievielter Pick geht Pöltl in die NBA? Und: Welches Team macht das Rennen um den 2,13-Meter-Mann mit den gefühlvollen Fingern und dem deutschen Akzent?

Jakob Pöltl hat am College für Furore gesorgt,

Jakob Pöltl hat am College für Furore gesorgt, Foto:gettyimages.de

2,13 Meter? Gefühlvolle Finger? Deutscher Akzent? Klar, dass amerikanische Analysten den Vergleich zu Dirk Nowitzki ziehen. Wird Pöltl wirklich zum „New Wunderkind“, wie einer schrieb? Zur alpenländischen Antwort auf „Dirk Dribbler“? Pöltl selbst verrät: „Dirk Nowitzki ist auf jeden Fall einer der Spieler, auf die man besonders schaut. Er ist wahrscheinlich der beste Europäer, der je in der NBA gespielt hat, ein Champion. Aber er ist auch ein ganz anderer Spielertyp als ich.“ Stimmt! Dirk ist ein „Vierer“, der notfalls (fast) alle Positionen spielen kann. Jakob Pöltl dagegen ist ein „Fünfer“, wenn auch kein klassischer, wie er betont: „Mein Spiel basiert auch viel auf Spielverständnis und Agilität. Ich versuche immer, meine Technik und mein Footwork einzubringen.“

Frühzeitig zum Basketball gekommen

Und es gibt weitere Ähnlichkeiten zwischen den beiden Jahrhundert-Talenten. Wie Nowitzki (Papa Jörg war erfolgreicher Handballer, Mama Helga deutsche Basketball-Nationalspielerin) kommt Jakob Pöltl aus einer Sportlerfamilie: Seine Mutter Martina (1,79 Meter) und sein Vater Rainer (1,97 Meter) spielten für Österreichs Volleyball-Nationalteams. Sowohl der Würzburger als auch der Wiener sind absolut uneitel und total teamorientiert. Außerdem gelten beide als gnadenlose Arbeitstiere, die gern mal bis zu 2.000 Trainingswürfe am Tag nehmen. Keine allzu schlechten Erfolgs-Voraussetzungen …

Pöltl hatte dazu noch einen Startvorteil gegenüber Nowitzki: Während der kleine Dirk zunächst Handball und Tennis spielte und erst mit 13 zum Basketball kam, begann der „Ösi“ gleich mit der „richtigen“ Kugel. „Wir haben Jakob früh zum Basketball gebracht, als er sechs war“, erinnert sich Martina Pöltl im Gespräch mit BASKET. „Bei uns in Wien gab es mit den Red Panthers ein sehr gutes Basketball-Programm. Jakob hatte immer schon einen sehr ausgeprägten Bewegungsdrang. Natürlich hatten mein Mann und ich mehr Bezug zum Volleyball, doch für Sechsjährige gab es damals kein wirkliches Volleyball-Angebot. Zudem ist Volleyball für Kinder in diesem Alter technisch recht schwierig. Beim Basketball konnte er gleich losdribbeln und werfen. Es hat ihm sichtbar Spaß gemacht.“ Das war 2002. Damals hatte Nowitzki schon vier NBA-Jahre auf dem Buckel.

Knapp eineinhalb Jahrzehnte später wird auch Pöltl in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt! Nicht wenige Experten vergleichen ihn mit dem Golden-State-Center Andrew Bogut (2,13 Meter). Der Australier mit kroatischen Wurzeln spielte wie Pöltl für die University of Utah. 2005 wurde er als Nummer-1-Pick von den Milwaukee Bucks gedraftet, 2015 feierte er mit den Warriors die NBA-Championship. Bogut und Pöltl verkörpern genau den Typ Big Man, der in einer von Curry & Co. beherrschten „Guard-Liga“ weiter gefragt ist: Stark unter den Brettern, aber auch mit feinem Handgelenk. Furchtlos im Traffic, aber mit hoher Spielintelligenz und hervorragendem Auge für den perfekten Pass. Pöltl schaute sich einiges davon bei Kevin Garnett ab – dessen Spiele sah er als Boston-Celtics-Fan früher besonders gern.