Wer war Enes Kanter vor einem Jahr? Ein Center mit solidem Offensiv-Spiel. Ein talentierter, junger Europäer, der defensiv noch viel Luft nach oben hat. Was ist er heute? Genau dasselbe! Doch im letzten Jahr hat sich für den Türken etwas verändert…

Break-Out Saison

Enes Kanter

Enes Kanter legte in 26 Spielen für OKC mit 18,7 Punkten und 11,0 Rebounds ein Double-Double auf. (Foto: Getty Images)

Erst einmal ist das der Arbeitsplatz. Der 23-jährige Big Man wird während der letzten Saison von den Utah Jazz zu den Oklahoma City Thunder getradet, die nach dem verletzungsbedingten Ausfall ihrer Leistungsträger Serge Ibaka und Kevin Durant eigentlich nur noch Russell Westbrook als zuverlässigen Scorer in ihren Reihen haben. Kanter kommt in eine Situation, in der er viel Spielzeit und einen großen Vertrauensvorschuss bekommt, weil die Franchise den eigenen Erwartungen sowieso hinterher hinkt und nicht viel zu verlieren hat. Also wird das Offensivspiel in gewisser Weise zum „Two-Man-Game“ zwischen Westbrook und Kanter. Und der Plan geht auf: Die Stats des Centers steigen in allen Bereichen, auch dank des All-Star-Point-Guards an seiner Seite. Er erzielt 18,7 Punkte im Schnitt. Fünf Zähler mehr als noch für Utah. Zwar lässt seine Defense immer noch zu wünschen übrig, dennoch hat Enes großen Anteil daran, dass die Thunder bis zum letzten Spiel noch eine Chance auf die Playoffs haben. Auf den letzten Drücker qualifizieren sich jedoch die New Orleans Pelicans. Und Kanter wird Free Agent.

The Winner is…

Enes Kanter

Kanter verdiente in der abgelaufenen Saison 5694674 Dollar. Ab der nächsten könnte sich sein Gehalt verdreifachen (Foto: Getty Images)

Dadurch, dass Kanter gerade seine bislang beste Saison gespielt hat, hat er auf dem Free-Agency-Markt alle Chancen. Zwar ist er restricted und somit an die Thunder gebunden, solange diese Angeboten anderer Teams gleichziehen, jedoch gibt es Schlimmeres als weiter bei einem Team zu spielen, dass aller Voraussicht nach in der nächsten Saison mit gesundeten Leistungsträgern sicher in den Playoffs steht, vielleicht sogar Contender ist. Und gestern passiert dann, worauf Enes Kanter gehofft haben dürfte: Ihm wird ein Max-Contract angeboten. Die Portland Trail Blazers haben nach dem Verlust von LaMarcus Aldridge, Robin Lopez und Nicolas Batum Personal-Not, besonders auf den großen Positionen. Zudem steht, ähnlich wie bei den Thunder der Vorsaison, nur ein Spieler im Kader, der zuverlässig gute Leistung bringt – Damian Lillard. Doch gibt ihnen der Abgang zahlreicher Leistungsträger auch genug Cap-Space, Kanter einen Vier-Jahres-Vertrag über mindestens 70 Millionen Dollar anzubieten, in der Hoffnung, dass die Thunder vielleicht nicht ganz so viel in den Türken investieren wollen.

Schnell stellt sich gestern heraus, dass Oklahoma der Big Man wohl um jeden Preis halten will. Dennoch ist der große Gewinner sicher Enes Kanter. Ist er einen Max-Vertrag wert? Nein, zumindest noch nicht. Dafür muss Kanter offensiv konstanter und vielseitiger werden und defensiv irgendetwas leisten. Doch das alles spielt keine Rolle. Denn sicher ist: Mit dem 2,11-Meter-Mann sind die Thunder stärker als ohne ihn. Und die Gehälter? Die steigen spätestens 2016 mit dem neuen TV-Deal ins unermessliche. Dann sind Verträge, über die wir jetzt noch staunen, Alltag. Und die Off-Season wird mindestens so verrückt, wie sie schon dieses Jahr ist.

Text: Benedikt Lülsdorff