Beim Medientraining der deutschen Basketball-Nationalmannschaft am 22.07.2015 standen die Spieler und Coaches des DBB-Teams den Journalisten Rede und Antwort. BASKET war vor Ort und nutzte die Gelegenheit, mit Alex Jensen, der sowohl Co-Trainer der Utah Jazz als auch der deutschen Auswahl ist, über seinen Schützling Tibor Pleiß, Coaching und das Potenzial der Nationalspieler zu sprechen.

BASKET: Als klar wurde, dass Tibor Pleiß zu den Utah Jazz gehen würde, war bereits bekannt, dass Sie dieses Jahr Teil des Trainerstabs der deutschen Nationalmannschaft sind. Hat ihre Anwesenheit hier auch mit der Rekrutierung von Pleiß zu tun oder wollten Sie in erster Linie weitere Erfahrungen auf internationaler Ebene sammeln?

Jensen: Ich glaube, dass es tatsächlich ein praktischer Zufall war. Es ist einfach so zu Stande gekommen. Ich habe selbst in Europa gespielt, war lange Zeit hier, aber es ist eine großartige Chance für mich, weil im Sommer in der NBA nicht viel zu tun ist. Also ist die deutsche Nationalmannschaft einfach eine tolle Möglichkeit den Sommer zu nutzen, um zu lernen und weiter zu coachen.

BASKET: Also war es eher ein gesunder Opportunismus ihrerseits als ein Auftrag der Utah Jazz?

Jensen: Absolut.

BASKET: Was können Sie aus Coaching-Sicht bei so einer Turniervorbereitung lernen? Gerade angesichts der vielen Talente, die Sie vielleicht vorher gar nicht kannten…

Alex Jensen

Unter der Anleitung von Alex Jensen hat sich Rudy Gobert bei den Jazz zu einem der Top-Verteidiger der NBA entwickelt (Foto: Getty Images)

Jensen: Es geht vor allem um Kontinuität. Wie bei allem Anderen ist es so, dass du, wenn du besser werden willst, auch beim Coaching einfach dranbleiben musst. Darüber hinaus profitiere ich auch von der Tatsache, dass ich hier in einem Umfeld arbeiten kann, in dem ich erstmal ein Fremder bin. Das hilft mir, ein besserer Trainer zu werden. Schon jetzt habe ich viel von Coach Fleming gelernt und ich glaube, dass die ein oder andere Lektion noch dazukommen wird. Was die Spieler angeht: Das europäische Spiel ist ein anderes als das in den Staaten. Die Athleten und Trainer gehen an den Basketball-Sport von einem anderen Standpunkt heran, mit einem anderen Blickwinkel, auf eine andere Art und Weise. Vielleicht sogar ein wenig kreativer. Das hilft mir, ein wenig über den Tellerrand zu schauen und zu sehen, was noch alles möglich ist.

BASKET: Inwiefern helfen Ihre Erfahrungen als NBA-Co-Trainer, das deutsche Team zu verbessern? Welchen Vorteil hat die Mannschaft durch Sie?

Jensen: Ich hoffe, dass es die andere Perspektive ist, die ich bieten kann, weil das NBA-Spiel so anders ist. Ich habe die Hoffnung, dass ich damit das große Wissen, das Fleming bereits mitbringt, sinnvoll ergänzen kann. Wer weiß, wann das zum Tragen kommt? Es könnte die Defensiv-Rotation betreffen, in der Offensive vielleicht das Spacing. Ich bin sehr variabel, was das angeht. Ein Hybrid, wenn man so will.

BASKET: Sie sind zwar erst ein paar Tage hier, trotzdem haben Sie die Truppe jetzt schon ein wenig kennengelernt. Wer hat Sie bisher am meisten beeindruckt, den Sie vorher vielleicht nicht als so stark eingeschätzt hatten oder gar nicht kannten.

Jensen: Ich kenne tatsächlich inzwischen alle Namen. Was mich aber wirklich beeindruckt, ist das Potenzial der Mannschaft. Die meisten der Jungs sind noch recht jung. Und das macht es für mich als Coach interessant, weil es eben noch Raum für Verbesserung gibt. Wenn die jungen Spieler individuell besser werden können, wird dadurch auch das Team besser. Aber alle hier sind für mich aufregend, eben weil ich sehe, wie viel Potenzial vorhanden ist.

BASKET: Handelt es sich dabei um Potenzial, das langfristig genutzt werden soll? Oder um solches, das unmittelbar jetzt, noch vor Beginn des Turniers, auszureizen ist?

Jensen: Es geht um Talent, das man über die nächsten Jahre ausbilden kann, weil die Jungen noch so gut werden können. Es ist schwierig, in so kurzer Zeit Fortschritte zu machen, aber das ist es, was ich zum Beispiel bei Tibor vorhabe, den ich ja von nun an betreuen werde: Er soll sich in ganz kleinen Schritten, Stück für Stück verbessern.

BASKET: Dass Sie von dieser Erfahrung im Umfeld der Nationalmannschaft profitieren, bedeutet, dass wir Sie auch in den nächsten Jahren beim DBB-Team erwarten können?

Jensen: (lacht) Das kann ich jetzt weiß Gott noch nicht sagen. Eins nach dem Anderen. Aber ich würde mich freuen, wenn es so wäre. Mir gefällt es hier sehr gut!

 

Interview: Benedikt Lülsdorff