Was für ein Auftakt, spannender und interessanter hätte das erste Spiel der NBA-Finals für den allgemeinen Basketball-Fan nicht laufen können: Die Golden State Warriors schlagen die Cleveland Cavaliers im Season-Opener nach Verlängerung mit 108:100 (48:51). Spiel 1 hat vor allem aber eine Menge Informationen geliefert, die den weiteren Verlauf der Serie mitbestimmen werden.

In der Overtime verlor LeBron drei Mal den Ball – er hatte keine Kraft mehr! (Foto: Getty Images)

In der Overtime verlor der ansonsten bärenstarke LeBron drei Mal den Ball – er hatte keine Kraft mehr! (Foto: Getty Images)

1. Die Defense: Wir sehen zwei Teams, die sich perfekt auf den jeweiligen Konkurrenten eingestellt haben. Schon in den ersten Minuten wurde deutlich, dass sich die Cavaliers einen klaren Plan überlegt haben, durch den sie Steph Curry (26 Punkte) in der Offense „beruhigen“ – soppen kann man ihn ja laut LeBron James nicht – wollen. Das Pick-and-Roll mit Curry verteidigten sie speziell in der ersten Halbzeit richtig stark, Iman Shumpert und auch Kyrie Irving leisteten gute Arbeit gegen den Season-MVP.

Auf der anderen Seite konzentrierten sich die Warriors in der Verteidigung darauf, LeBron nicht zum Spielmacher mutieren zu lassen. Andre Iguodala, Draymond Green, Harrison Barnes und einige Male auch Klay Thompson waren es, die James im One-on-one verteidigten – mit Erfolg. Denn LeBron war zwar bärenstark (44 Zähler, 18-38 FG), doch er glänzte im Gegensatz zu den vorherigen Playoff-Runden nicht als Ballverteiler (sechs Assists). Die offenen Dreier, die durch seine Penetration und Pässe vorher jeden Gegner in die Knie zwangen, verteidigten die Warriors erfolgreich!

In Game 2 der NBA-Finals stehen beide Teams also vor einer Aufgabe: Die Warriors müssen Curry in bessere Shooting-Situationen bringen, damit er mehr sein überragendes Catch-and-Shoot-Game abrufen kann, und die Cavaliers müssen einen Weg finden, LeBron mehr zu entlasten. Dass er in jedem Angriff Eins-gegen-fünf spielt, kann kaum Erfolg bringen …

Musste verletzt das Feld verlassen: Kyrie Irving (Foto: Getty Images)

Musste verletzt das Feld verlassen: Kyrie Irving (Foto: Getty Images)

… zumal Clevelands zweitwichtigster Mann auszufallen droht! Und das ist 2. Kyrie Irving: „Uncle Drew“ spielte richtig stark (23 Punkte, sieben Rebounds, sechs Assists), trug viel Verantwortung in der Offense und erzielte immer wieder wichtige Punkte beziehungsweise leitete wichtige Plays ein. Das Bittere: In den Schlussminuten verletzte sich der Point Guard am Knie, musste vom Feld und fehlte Cleveland überall. In der Verlängerung blieb die Franchise aus Ohio praktisch ohne Punkt, ehe LeBron wenige Sekunden vor Schluss einen freien Layup verwandelte.

Die Botschaft ist klar: Cleveland, LeBron braucht Kyrie Irving. Speziell in den Minuten, in denen James seine Pausen bekam, war Kyries Wert zu erkennen. Hoffentlich wird der Playmaker nicht für den Rest der Serie ausfallen – und das meine ich vollkommen neutral, denn in den Finals soll keiner der Top-Stars ausfallen, Kevin Loves Fehlen reicht!

3. Die Freiwürfe: Beide Teams spielten physisch, aber standen verhältnismäßig wenig an der Freiwurflinie – jedenfalls wird das bei einem genaueren Blick deutlich: Cleveland hatte zwar 19 Freiwürfe, aber nur drei verschiedene Schützen. LeBron (6-10), Timofey Mozgov (6-8) und Kyrie (1-1) waren die einzigen Cavs, die den Weg an die Linie fanden. Speziell J.R. Smith und Iman Shumpert sowie Tristan Thompson hätten mehr Fouls ziehen und dadurch Freiwürfe provozieren können – was sie in Game 2 machen müssen! Einerseits, weil sie damit Vernatwortung von James nehmen und andererseits, weil die „Reservisten“ der Cavs mehr produzieren müssen. Denn eine weitere Lehre aus dem ersten Duell waren …

4. Die Rollenspieler: Abgesehen davon, dass David Blatt nur drei Jungs von der Bank ins Spiel schickte, scorte lediglich einer von ihnen – J.R. Smith. Der Shooting Guard kam auf neun Zähler, traf allerdings schwach aus dem Feld (3-13 FG). „So ein Spiel wird er nicht nochmal erleben“, meinte TV-Experte Mark Jackson während der Partie. Und das wäre für Cleveland bitter nötig, da Matthew Dellavedova (9:23 Minuten) und James Jones (17:05 Minuten) keinen einzigen Treffer verbuchten.

https://youtu.be/yjKVPtVn0is

Ganz anders sah das bei den Warriors aus: Dass Klay Thompson (21 Zähler) und Steph Curry nämlich zu keinem Zeitpunkt der Begegnung richtig heiß liefen, kompensierte GSW durch eine geschlossene Teamleistung, wobei vor allem die Bankspieler eine wichtige Aufgabe übernahmen. Marreese Speights (acht Zähler, drei Rebounds), Shaun Livingston (vier Punkte, fünf Rebounds, drei Assists), Festus Ezeli (fünf Zähler, fünf Boards) und Leandro Barbosa (zwei Punkte, drei Rebounds) machten allesamt ihre Hausaufgaben. Der entscheidende Benchplayer aber war Andre Iguodala: Nicht nur wegen seiner 15 Punkte, drei Rebounds und zwei Assists, sondern insbesondere auch wegen seiner Defense gegen LeBron und Energie, die er versprühte.

In Game 2 der NBA-Finals werden, speziell falls Kyrie Irving verletzt ausfallen sollte, die Bankspieler der Cavs mehr Ertrag liefern müssen!

5. Die Kraft: Während bei den Warriors nur Steph Curry (42:39) über 40 Minuten auf dem Court stand, waren es bei den Cavs gleich drei Jungs! James (45:46), Kyrie (43:37) und Tristan Thompson (47:09) mussten ordentlich ran, verloren dabei entsprechend Energie. Das wurde speziell in der Overtime deutlich, in der die Cavs nur zwei Pünktchen erzielten, Thompson komplett abtauchte und LeBron nur noch einen seiner drei Würfe traf, drei Mal den Ball verlor. James war einfach platt!

Das muss sich aus Sicht der Cavs in Game 2 der NBA-Finals ändern: James braucht entweder mehr Minuten auf der Bank oder mehr Entlastung auf dem Court. Beides geht aber nur, wenn die anderen Jungs mehr produzieren. Nicht nur J.R. Smith, sondern auch Shumpert, Dellavedova und Jones müssen mehr scoren. Zusätzlich muss sich die Bewegung abseits des Balles verbessern, damit LeBron die freien Mitspieler finden und bedienen kann. Kyire Irving darf nicht ausfallen …

Das muss sich aus Sicht der Warriors in Game 2 der NBA-Finals ändern: Golden State muss weiterhin so stark gegen LeBrons Passing-Game verteidigen, die Schützen der Cavs also zustellen (Cleveland: 19 Assists). Ansonsten gilt es so weiterzumachen wie in Game 1 – Teamplay, den Ball laufen lassen (24 Assists) und die „Splash Brothers“ in gute Wurfsituationen bringen.

https://youtu.be/JgiOzwHU_-Y