Paukenschlag bei der Basketball-Weltmeisterschaft in Spanien: Der Gastgeber, Top-Favorit und Weltmeister von 2006 ist ausgeschieden! Am Mittwochabend unterlagen die hochgehandelten Spanier der Auswahl Frankreichs mit 52:64. Ihr Traum vom Titel im eigenen Land ist damit zerbrochen – doch nicht nur das: Es dürfte auch das Ende einer „goldenen Ära“ sein.

Immer einen Schritt voraus: Boris Diaw und Franreich stürzen Pau Gasol und dessen Spanier. (Foto: Getty Images)

Immer einen Schritt voraus: Boris Diaw und Franreich stürzen Pau Gasol und dessen Spanier. (Foto: Getty Images)

Traum wird zum Albtraum

Dabei hatten alle Spanier doch schon die Siegesfeier vor Augen. Nach der überzeugenden Gruppenphase, die Gasol und Co. ohne Niederlage überstanden und dabei beinahe jedes Duell mit mindestens 20 Punkten Differenz für sich entschieden, wuchs die Erwartungshaltung in alle Höhen. Schon vor Turnierbeginn wurden die Spanier als „einzig ernstzunehmender Gegner“ für das Team USA tituliert. Kein Wunder, standen doch mit Pau Gasol, Marc Gasol, Ricky Rubio, Serge Ibaka und Jose Calderon gleich fünf NBA-Profis im Aufgebot der Iberer. Dazu noch Juan Carlos Navarro und Rudy Fernandez, die früher beide in der NBA aktiv waren, sowie Sergio Lull und Sergio Rodriguez, die bei den Top-Vereinen der spanischen Liga spielen. Kurz: Die notwendige Klasse war da – eigentlich. Denn scheinbar konnten die Spanier dem Druck mental nicht standhalten.

Unterschied: Game-Plan

„Das Viertelfinale gegen Frankreich wird ein komplett anderes Spiel als das Duell in der Gruppenphase“, hatte Pau Gasol vor der gestrigen Begegnung gegen die Franzosen gesagt – hatte der Bulls-Center eine Vorahnung? In der Vorrunde ging das Duell beider Teams mit 88:64 deutlich zu Gunsten der Spanier aus, doch Nicolas Batum und Co. hatten sich für das K.O.-Spiel einen – wie sich später herausstellte – unschlagbaren Game-Plan zurechtgelegt.

Gegensätze: Während Frankreich feiert, trauert Spanien. (Foto: Getty images)

Gegensätze: Während Frankreich feiert, trauert Spanien. (Foto: Getty images)

Angeführt von Boris Diaw (15 Punkte, fünf Rebounds) spielten die Franzosen einen ganz starken Stiefel: Offensiv ließen sie den Ball an der Dreierlinie wandern, cutteten wunderbar und aggressiv in den Rücken der Defense, fanden immer den freien Mann und schlossen am Brett ab. Die Spanier schienen schlicht überfordert zu sein und konnten trotz ihres hochkarätigen Frontcourts nicht dagegenhalten.

Eine Frage der Geduld

Während die Franzosen das Tempo hervorragend bestimmten, diktierten und verschleppten, fanden die Spanier keinen Rhythmus. Ricky Rubio (vier Zähler, ein Assist) und Rudy Fernandez (sechs Punkte) enttäuschten auf ganzer Linie. Beeindruckend war auch die Defensive der Franzosen, die unter dem Korb dichtmachten, das Rebound-Duell gewannen (50:28) und den Spaniern offene Würfe von Downtown gestatteten, die diese jedoch überhaupt nicht nutzen konnten (9,1 % 3er!).

Spätestens im Schlussviertel begannen die Iberer dann nachzudenken, zu verkrampfen und … zu verlieren. Auf den Tribünen weinten die Fans oder saßen mit versteinerter Mine auf ihren Stühlen, Spaniens Nationalspieler hatten leere Blicke und hängende Köpfe aufgesetzt. „Wir waren einfach nicht auf dieses Spiel vorbereitet“, sagte Juan Carlos Navarro.

Tritt Pau Gasol aus dem Nationalteam zurück? (Foto/Titelbild: Getty Images)

Tritt Pau Gasol aus dem Nationalteam zurück? (Foto/Titelbild: Getty Images)

Auf französicher Seite hingegen war die Freude groß. „Wir waren perfekt vorbereitet und daher habe ich schon vor dem Spiel geglaubt, dass wir gewinnen würden“, sagte Kapitän Boris Diaw und Headcoach Vincent Collet schilderte: „Das Vorrundenspiel hat uns geholfen, da wir nach der 24-Punkte-Niederlage noch motivierter waren.“

Ende einer Ära?!

Für Spanien bedeutet das Viertelfinalaus wahrscheinlich auch das Ende einer Ära, die oft als „goldene“ bezeichnet wird, aber mit nur einem Weltmeistertitel (2006) sowie zwei Europameisterschaften (2009 und 2011) gar nicht so golden war. Pau Gasol, Felipe Reyes und Juan Carlos Navarro (beide 34 Jahre) sowie Jose Calderon (32) werden ihre Karrieren im Nationalteam zum Teil beenden, in jedem Fall nicht mehr stärker werden. Der WM-Titel im eigenen Land sollte die Krönung werden, doch wie schon bei der Heim-EM 2007 – damals holten sie Silber – reichte es nicht bis nach ganz oben.

Die weiteren Entwicklungen im spanischen Team werden in jedem Fall interessant, steht doch mit den Olympischen Spielen 2016 in Rio ein ganz großes Highlight auf dem Plan, für das sich die Auswahl bei der nächsten EM 2015 qualifizieren kann. Die Frage ist nur, mit welchem Personal … Und bis es soweit ist, wird der Stachel durch das Viertelfinal-Aus tief sitzen!