Die Spurs dominierten in der Regular-Season den starken Westen, waren 19 Spiele in Folge ungeschlagen und gaben ihren Schlüsselspielern zudem noch wichtige Verschnaufpausen. Sie gehören folglich mal wieder zu den heißesten Anwärtern auf den Titel. Doch können die Spurs die schmerzhafte Niederlagen in Spiel sechs und sieben der letztjährigen Finals auch mit ihrer fünften Championship vergessen machen?  Eine Analyse.

„The same procedure as last year, Gregg? “, “Yes, the same procedure as every year, Timmy”.

So oder ähnlich könnte man sich durchaus ein Gespräch zwischen Gregg Popovich und Tim Duncan im Laufe der Offseason vorstellen. Gemeint ist natürlich die alljährliche Expertenmeinung, dass die Spurs mittlerweile einfach zu alt sind, um ernsthaft um den Titel mitzuspielen. Schließlich muss doch irgendwann selbst der älteste Wein verderben oder? Nun auf die unzerstörbaren Spurs trifft das natürlich nicht zu. Die 15. Saison in Serie mit über 50 Siegen, Rang 1 im Westen (62:20-Siege) und damit verbunden der gesicherte Heimvorteil bis einschließlich in die NBA-Finals sprechen Bände.

Was die Spurs eigentlich so besonders macht? Ganz einfach, im Vergleich zu den meisten Top-Teams zählen sie sowohl in der Offensive (Offensive Rating: Rang 5; Points per Game: Rang 6) als auch in der Defensive (Defensive Rating: Rang 3; Opponents PPG: Rang 6) zur Upper-Class der NBA. Grund genug, einen näheren Blick auf das Spiel der Spurs zu werfen…

Teamplay at it’s best!

OFFENSE: Laut Synergy Sports stellen die Spurs die zweitbeste Offensive der Liga. Wenn man sich die einzelnen Kategorien näher anschaut, verwundert das auch nicht. Denn die Spurs sind in sieben Offensiv-Kategorien unter den Top 10. Die beiden wichtigsten Offensiv-Optionen im Spiel der Texaner sind dabei das „Pick’n’Roll des Ballhandlers“ (Rang 3, 0,89 PPP) – sprich, wenn der ballführende Spieler das PnR für sich nutzt und nicht ablegt – sowie die „Spot-Up-Shots“, bei denen sie die Liga mit 1,07 Punkten pro Angriff sogar anführen.

Dass die Spurs ausgerechnet in diesen beiden Kategorien so erfolgreich sind, ist logisch. Mit Tim Duncan als Screener und Tony Parkers als Ballhandler beim „Pick-and-Roll“ haben sie schließlich zwei Ausnahmekönner, die beim einfachsten Spielzug im Basketball einfach immer für Gefahr sorgen. Der Franzose kann dabei stets den freien Mitspieler bedienen, hochprozentig am Korb finishen (56%) und auch aus der Mitteldistanz sicher abschließen (46%). Zudem besitzen die Spurs mit Youngster Kawhi Leonard (Rang 13) und Back-Up-PG Patty Mills (Rang 8) zwei weitere gefährliche Optionen beim Scoren aus dem Pick-and-Roll.

Ähnlich sieht es bei den Spot-Up-Shootern aus. Mit Marco Belinelli, Leonard und Danny Green hat San Antonio exzellente Schützen hinter der Dreierlinie. Zudem muss man hier einen weiteren Namen nennen, den vor der Saison wohl niemand auf der Rechnung hatte. Patty Mills führt in Sachen „Punkte aus Spot-Up-Shots“ sein Team an (NBA-Rang 8, 1,29 PPP). Wer hätte gedacht, dass der Australier eine solch wichtige Rolle im Team spielen wird? Denn eine der großen Fragen vor der Saison war: Wer kann Tony Parker entlasten? Wer kann das Spiel der Spurs lenken, wenn Parker eine Pause braucht? Mills hat die Antwort auf all diese Fragen in dieser Saison gleich mehrfach auf beeindruckende Weise gegeben (bspw. am 18. Februar, als er den Clippers 16 Punkte allein im letzten Viertel einschenkte).

Was an der Offensive der Spurs häufig gelobt und bewundert wird, ist die Uneigennützigkeit und das starke Teamkonstrukt, von dem sich Chaoten à la Knickerbockers mindestens drei Scheiben abschneiden können. Es kommt nicht von ungefähr, dass San Antonio die Liga in Assists deutlich vor den Atlanta Hawks anführt! Außerdem verteilt sich so die Scoring-Last auf mehreren Schultern – gleich sechs Spurs punkten zweistellig, jedoch keiner mehr als 17 Punkte. Auch bei den Assists sticht Tony Parker (5,8 pro Spiel) im Vergleich zu den anderen Point Guards nicht unbedingt heraus – weswegen er wohl oft in der Diskusssion um den besten Spielmacher vergessen wird. Die Philosophie von Trainerfuchs Gregg Popovich ist es eben nicht, besonders spektakulär seinen eigenen Statbogen zu füllen, sondern sich in den Dienst des Teams zu stellen.

Dass die einzelnen Spieler der Spurs in den Kategorien so stark sind, liegt aber bekanntlicherweise nicht nur an ihren einzelnen Qualitäten, sondern an dem strikten, gut durchdachten und vor allem präzise eintrainierten Playbook der Spurs.

 

Das zahlt sich aus: Neben den Assists führen die Spurs die Liga auch in gemachten Field Goals an und haben die beste Dreier-Percentage (40,0%) der Liga. Ein weiterer Effekt der vielen guten Spielzüge ist eine vorbildliche Wurfauswahl. Wie man auf der Shotchart sehen kann, befinden sich die Spurs in jeder Position entweder über oder im Ligadurchschnitt, darunter fallen sie nie.

Shotshart

Wahnsinn: Die Spurs treffen in keinem Bereich schwächer als der Liga-Durchschnitt.

Was die Texaner neben ihrer individuellen Qualität (Parker, Duncan, Ginobili, Leonard) und der Uneigennützigkeit auszeichnet, ist vor allem ihr Trainer. Gregg Popovich ist seit Jahren der beste Trainer der Liga, ein Genie vor dem (Basketball-)Herren, der jüngst völlig berechtigt zum dritten Mal zum Coach of the year gewählt wurde.

Leonard und Duncan sind Herzstück der Defensive

DEFENSE: Die Spurs sollten für viele Teams ein Vorbild sein. Neben einer starken Offensive können sie sich hinten auch  auf eine starke Defensive verlassen. Und diese hört  vor allem auf zwei Namen: Tim Duncan und Kawhi Leonard. Tim Duncan ist einfach unglaublich. Der Typ wird am 25. April 38 Jahre alt, hat immer noch die fünftmeisten Blocks der Liga (1,9 pro Spiel) und liegt auf Platz vier im Defensive Rating (37,3) – vor ihm sind nur Paul George, Andrew Bogut und der DPOTY Joakim Noah.
Auch bei Kawhi Leonard ist spätestens seit den Finals 2013 klar: der Kerl kann verteidigen. Dank seinen langen Armen kann er sogar fast jeden Spieler stoppen. Er findet sich auf Platz fünf im Defensive Rating wieder (98,0), als zweitbester Spieler auf seiner Position. Zudem führt er die Spurs erneut bei den Steals an (1,8 pro Spiel). Was für ein starker Defender Kawhi Leonard ist, wird deutlich, wenn man sich ein paar Zahlen der letztjährigen Final-Serie gegen LeBron James anschaut:

Mit Kawhi auf dem Feld und Ohne Kawhi auf dem Feld:

LJs Effektivität bei „Fieldgoals“: 47 % vs. 53,1%
LJs Offensivrebound in %: 5,4% vs. 12,8%
LJs Offensiv-Rating: 105,5 vs. 115,0
LJs Assists pro Turnover-Rate: 2,31 vs. 6,00

Eine von Leonards größten Stärken – neben seinen Armen – ist die Verteidigung des Pick’n’Rolls. Doch auch Namen, die man hier nicht erwartet hätte, sind wieder wichtig für die Defensive der Spurs. So lässt Tiago Splitter gerade einmal 0,63 Punkte im Post zu (Rang 28). Und Boris Diaw verteidigt den Screener beim Pick’n’Roll auf einem richtig hohen Level (Rang 7). Allgemein verteidigen die Spurs den Dreier extrem gut, verursachen nur wenige Fouls und geben den Gegnern damit nur wenig Möglichkeiten von der Charity Stripe.

Weniger als 30 Minuten

Zwar sind die Spurs “nur” das fünftälteste Team der Liga, gerade aber die Leistungsträger Duncan, Parker und Ginobili sind teilweise schon weit über 30. Jedoch wäre Gregg Popovich nicht Gregg Popovich, wenn er nicht auch das regeln könnte. Kein Spieler der Spurs spielt im Schnitt mehr als 30 Minuten – weder The Fundamental, noch Parker noch sonst ein Spieler. Vergleicht man das mit den Leistungsträgern der anderen Titelkandidaten, fällt auf, dass die Stars der Spurs ausgeruhter in die Playoff-Serien gehen:

Spieler Minuten
Kevin Durant 38,5
LeBron James 37,5
Paul George 36,2
Blake Griffin 35,9
Chris Paul 35,1
Jimmy Butler 38,4
Joakim Noah 35,0
Stephen Curry 36,4
Tim Duncan 29,2
Tony Parker 29,6

Verletzungen – insbesondere bei den älteren Herren – kann das natürlich nicht hundertprozentig aus der Welt schaffen, ein Vorteil ist es aber allemal. Ein weiterer Vorteil ist die Auswärtsstärke der Spurs. Sie sind mit Abstand das beste Team „on the road“ (30:10). Dazu kommt noch, dass sie in jedem Playoff-Spiel dank der besten Bilanz Heimvorteil haben werden.

FAZIT: Die Spurs besitzen eine starke Offensive, die von ihrer Teamdienlichkeit lebt und damit nicht mit einem einzigen Spieler steht und fällt (Beispiel Paul George in Indiana). Sie sind tödlich von „beyond the arc“, haben jede Menge Erfahrung im Team. Gecoacht werden sie vom besten Trainer der NBA, ihre Spielzeit wurde niedrig gehalten, so dass sie möglichst ausgeruht durch die Playoffs gehen können. Außerdem verfügen die Spurs auch über eine starke Verteidigung. Neben dem sicheren Heimvorteil sind sie auch das stärkste Auswärtsteam der Liga. Das größte Problem der Spurs sind die Turnover. Gleich viermal haben diese ihnen dieses Jahr gegen die Oklahoma City Thunder das Genick gebrochen. Wenn sie die in den Griff kriegen, wird es jedoch für jedes Team unglaublich hart, sie zu schlagen. Und schlimm anzusehen – was viele Fans den Spurs fälschlicherweise noch immer unterstellen sind sie auch. Ihr glaubt das nicht? Nun: „Same procedure as every year“ werden sich Tim Duncan und Gregg Popovich beim Anblick dieser Top 10 denken ;)