Was wir aktuell erleben, ist ein Märchen. Das Märchen von einem, der auszog, um die Welt zu verändern. Ganz soweit ist es vielleicht noch nicht, aber der Name eines Sportlers muss nicht mehr länger nur an seinen sportlichen Leistungen gemessen und festgemacht werden. Nein. Spätestens seit dieser Woche, seit dem Spiel der Brooklyn Nets bei den Los Angeles Lakers wissen wir alle, dass die sportlichen Performances nicht ausschlaggebend für den Wert und Status eines Sportlers sind. Das beweist Jason Collins eindrucksvoll.

Standing-Ovations und Top-Verkäufer

Was der 35-jährige US-Amerikaner für den weltweiten Sport geleistet hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht hoch genug einzuschätzen. Collins ist nicht nur der erste aktive NBA-Basketballer, der bei einem Club in der besten Basketballliga der Welt aufläuft. Er ist viel mehr. Ein Vorreiter. Ein Leader. Als erster aktiver Leistungssportler in einer der vier Nordamerikanischen-Major-Ligen hat sich Collins zu seiner Homosexualität bekannt. Ein Knalleffekt. Zumal der Big Man daraufhin keinen neuen Arbeitgeber hatte. Seit 2001 läuft der in Northridge, Kalifornien geborene Center in der NBA auf und spielte bereits für New Jersey, Memphis, Minnesota, Atlanta, Boston und Washington. Und nun für die Brooklyn Nets, die Collins mit einem Ten-Day-Contract ausstatteten.

Spielt wieder: Jason Collins hat bei den Brooklyn Nets einen Vertrag unterschrieben.

Spielt wieder: Jason Collins hat bei den Brooklyn Nets einen Vertrag unterschrieben.

Am 23. Februar ist es dann soweit: Collins läuft zum ersten Mal wieder auf das Parkett, in Los Angeles, gegen die Lakers. Als er eingewechselt wird, reagiert die Zuschauer-Menge, indem sie applaudiert und jubelt. Wow!

Aber damit noch nicht getan: Das Trikot des Centers, der künftig mit der Nummer 98 auflaufen soll und gegen die Lakers angeblich nur deswegen die 46 trug, weil auf die Schnelle kein anderes Jersey verfügbar war beziehungsweise angefertigt werden konnte, ist seit seinem Comeback das begehrteste der Liga. Nicht LeBron, nicht Durant, nicht Kobe, sondern Collins gibt die Schlagzahl in Sachen Trikotverkäufe an – jedenfalls aktuell. Wow!

Lakers-Superstar Kobe Bryant, der während der Partie verletzt zuschauen musste, merkte an: „Jasons Einluss ist größer, als die meisten Menschen denken!“ Sein Outing war ein Eisbrecher. Doch das Eis ist (noch) verdammt dick und der Riss kaum zu sehen. Allerdings – und das macht Mut – könnte dieser kleine Riss durchaus große Folgen haben. Wenn sich zwei Dinge ändern: Homosexualität darf kein Tabuthema mehr sein und muss als Normalität angesehen werden (erstens), leider wird das schwer! Dann könnten auch die Sportlerinnen und Sportler, die gleichgeschlechtlich veranlagt sind, auf den Zug, den Collins ins Rollen gebracht hat, aufspringen – wenn sie denn wollen (zweitens).

Eines muss dabei aber ganz klar sein: Die Athleten selbst entscheiden, was sie machen und was nicht. Es ist ihre freie Entscheidung, ob sie sich outen oder eben nicht. Wie bei Collins. Sie haben es in der Hand. Aber wir, wir können ihnen helfen und sie dabei unterstützen.

Jagd auf Homosexuelle

Irgendwo ist die Geschichte um „den schwulen Basketballer“ ebenso genial wie traurig. In der heutigen Zeit, in der wir so offen und aufgeklärt sind, in der wir so viele Dinge für natürlich und selbstverständlich ansehen… warum machen wir aus diesem Thema immer noch so eine Besonderheit? Nun, wer sich diese Frage stellt, sollte mal einen Blick nach Afrika werfen!

Yoweri Kaguta Museveni, Präsident des afrikanischen Staates Uganda.

Yoweri Kaguta Museveni, Präsident des afrikanischen Staates Uganda.

Die Tagesthemen strahlten nämlich passend zu dieser Thematik am gestrigen Abend einen Bericht über Uganda (ein Staat in Afrika) aus, in dem sich die Regierungsführer nicht nur offenkundig gegen Homosexualität aussprachen, sondern eine „Jagd auf Schwule“ ankündigten. Auf einem Boulevard-Blatt stand beispielsweise auf der Titelseite die Überschrift: „Exposed“ – was übersetzt so viel wie „entlarvt“ bedeutet. Im Artikel werden 200 (mutmaßliche) Schwule aufgeführt, mit Name und Foto. Geht’s diskriminierender? Leider ja…

…Yoweri Kaguta Museveni, seines Zeichens Staatsoberhaupt und Präsident Ugandas, unterschrieb ein Gesetz gegen Homosexuelle und deren Unterstützer. Höchststrafe: lebenslänglich! „Was ich bis heute nicht verstehe: Wir haben so viele schöne Frauen, wie kann sich ein Mann von einem anderen Mann angezogen fühlen? Das bedeutet doch, dass etwas mit so jemandem nicht stimmt“, sagte der Präsident wörtlich. Puh!

Insgesamt droht laut der ARD in 36 afrikanischen Ländern die Gefängnisstrafe für Homosexuelle, in einigen „lebenslänglich“ und in manchen sogar die Todesstrafe…

Gut, dass es Menschen wie Jason Collins gibt, die die Welt verändern wollen…