Obwohl sich Dirk Nowitzki einer kleinen Fußgelenksoperation unterziehen musste, wird der fast 40-Jährige noch mal eine Saison dranhängen. Das ist super für seine Fans. Doch warum tut sich der gebürtige Würzburger, der fast alles in der NBA erreicht hat, noch mal an?

Natürlich geht es Dirk in erster Linie um die sportliche Herausforderung und die Kameradschaft im Locker Room. Diese Zeit als Sportler bekommst du nicht mehr wieder, wenn du einmal aufgehört hast.

Doch seien wir mal ehrlich: Es sieht ja schon lange nicht mehr rund aus, wenn „The Big Mummy“ über den Court trabt. Im Postup sieht man Dirk fast gar nicht mehr, und defensiv ist er im Pick-and-Roll eine Bürde für sein Team. Um einen Titel werden die Mavericks in der kommenden Saison selbst dann nicht mitspielen, wenn sie es schaffen, einen überragenden Free Agent nach Dallas locken und ein glückliches Händchen in der diesjährigen NBA Draft haben. Individuelle Rekorde bedeuten dem sechstbesten Scorer aller Zeiten nach eigener Aussage auch nicht viel. Die fünf Millionen Dollar Gehalt, die ihm für die kommende Saison zustehen, sind sicher ebenfalls nicht der entscheidende Faktor, denn der bescheidene Superstar hat mittlerweile genug Geld für mehrere Generationen eingespielt. Gibt es vielleicht einen weiteren Grund für Dirks 21. Saison?

Die Vögel zwitschern es bereits von den Dächern, dass Dirk den Mavericks auch nach seiner aktiven Karriere erhalten bleiben wird. Er möchte gerne mit den jungen Spielern individuell arbeiten. Darauf gehen Coaching Staff und Besitzer Mark Cuban sicherlich gerne ein. Doch das andere Bonbon für Dirk ist noch viel süßer. Es wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass ihm Cuban einen kleinen Anteil der Mavericks Franchise übertragen oder verkaufen wird. Gerüchten zufolge zwischen drei und fünf Prozent. Sozusagen als Dankeschön, denn ganz ohne Dirk wäre der Firmenwert der Mavs nicht von damals 200 Millionen auf heute über 1,6 Milliarden US Dollar geklettert. Dirk hat in seiner Karriere auf zig Millionen Dollar verzichtet, damit das Team bessere Spieler verpflichten konnte. Und auch nächste Saison spielt er für „mickrige“ fünf Millionen, obwohl sein Marktwert immer noch deutlich höher ist. Dieser Schachzug würde Dirk für entfallene Gehaltszahlungen mehr als ordentlich kompensieren.

Mark Cuban reibt sich bestimmt trotzdem schon die Hände. Denn die Mavericks befinden sich im Neuaufbau. Diese Umbruchphase dauert in der NBA bekanntlich Jahre. In dieser Zeit hilft Dirk seiner Franchise mit seiner Präsenz. Die Zuschauer kommen seinetwegen immer noch in Scharen in die Arena. Jeder will noch einmal die lebende Legende spielen sehen. Die Halle bleibt nämlich bei möglichen Niederlagenserien weiterhin voll. Dieses Jahr werden die Mavs in der Draft mit dem fünften Pick ein weiteres Riesentalent bekommen. Sollten die Mavericks in der kommenden Saison wieder nichts reißen, werden sie sich in der NBA Draft 2019 noch mal einen potentiellen Star angeln. Dirk kann die jungen Spieler führen; auf dem Court und in der Kabine wird er seine Erfahrung weitergeben, damit die Franchise langsam wieder in die Erfolgsspur kommt.

Ein fließender Übergang vom Athleten ins Management wäre folglich nahezu perfekt für den ehemaligen MVP. Es wäre zwar gefühlt absolut in Ordnung, wenn Cuban ihm die Anteile gäbe. Legal ist diese Transaktion aber derzeit noch gar nicht möglich. Das erlauben die Statuten der NBA nicht. Bis es offiziell zu so einem Deal kommt, wird bestimmt noch viel Öl durch die Pumpen der Texaner fließen und Dirks Schuhe an dem sprichwörtlichen Nagel in seinem Haus in Dallas hängen. Sportlich hat sich Dirk eh das Recht erarbeitet, dann aufzuhören, wenn es ihm passt. Das ist der ultimative Ritterschlag für einen der besten Basketballspieler aller Zeiten.

Der Autor:
Dean Walle ist Basketball-Journalist in den USA und schreibt direkt aus den Staaten für BASKET. Mit spitzer Feder und sportlichem Sachverstand nimmt er die Geschehnisse der besten Basketball-Liga der Welt in seiner neuen BASKET-Kolumne unter die Lupe.