NBA-Playoffs 2018, Spiel drei: Miami Heat vs. Philadelphia, Spielbeginn: 19 Uhr Ortszeit

Spiel 3 hat mir die Augen geöffnet. Hochverdient gewannen die Philadelphia 76ers mit 128:108 bei den Miami Heat und übernahmen damit eine 2:1-Führung in der Best-of-Seven Serie in der ersten Playoffrunde. Obwohl ich den Sixers vor Beginn der Playoffs einiges zugetraut habe, war ich überrascht, wie stark Joel Embiid, der „Mann mit der Maske“, in seinem ersten Playoffspiel trotz eines gebrochenen Knochens im Gesicht auftrumpfte. Die Maske schien ihn tatsächlich nicht zu stören.

Ich hatte erwartet, dass Philadelphia wie in Spiel 2 mit der Physis der Heat Probleme bekommen würde. Doch dieses Mal hielten Brett Browns Mannen dem Druck stand. Das hing sicherlich zumindest teilweise zusammen mit der Rückkehr Embiids.

Es wurde ein attraktiver Basketball gespielt. Wie es sich für eine Playoffpartie gehört, gab es natürlich auch hier und da einige Nickligkeiten, aber genau das macht eben die Playoffs aus. Da darf auch mal hingelangt und etwas härter gefoult werden. Selbst wenn ab und an mal über die Stränge geschlagen wird, wie in der ersten Halbzeit Justin Anderson gegen Dwyane Wade, ist das absolut in Ordnung. Wir sind ja nicht bei einem Kindergeburtstag.

Miami hat das tiefere Team, aber Philadelphias Kollektiv von Youngstern kaufte den Heat an diesem Abend den Schneid ab. Ben Simmons kann zwar noch nicht richtig von Außen werfen, aber der voraussichtliche „Rookie of the Year“ ist mitunter bereits verdammt vielseitig. Der 21-Jährige ist 2,08 Meter groß und tritt für sein Alter überraschend souverän auf. Auch Markelle Fultz, die Nummer eins der letztjährigen Draft, ließ seine Qualitäten schon einige Male aufblitzen. Dario Saric zeigte sich absolut unbeeindruckt von der feindlichen Atmosphäre in Miami und überzeugte mit 21 Punkten. Auch ein Marco Belinelli zeigte ein ums andere Mal, wie wichtig er für die Sixers ist.

Doch am Ende des Tages sind die Sixers Joel Embiids Team. Die Entwicklung des 24-jährige Seven Footers (2,13 Meter) kann eigentlich nur durch Verletzungen gestoppt werden. Miamis Hassan Whiteside sah erschreckend schlecht gegen Philadelphias Center aus. Whitesides Foulprobleme waren letzlich die Folgen seiner Hilflosigkeit.

Embiid ist nicht nur der beste Trash Talker der NBA. Der gebürtige Kameruner kann viel mehr als nur reden. Er bereitet gegnerischen Trainern aus mehreren Gründen Kopfschmerzen. Im Postup ist er beim One-on-One fast nicht zu stoppen. Punktet er nicht selbst, sieht Embiid den besser postierten Mann. Zudem ist „the Process“ auch von Außen gefährlich. Whiteside hat dem basketballerisch und intellektuell absolut nichts entgegen zu setzen. Bei Kelly Olynyk hapert es an der Physis. Nicht zuletzt ist Embiid defensiv zudem noch ein überragender „Rim Protector“, der keine einfachen Würfe zulässt. Winslow blockte Embiid auf der einen Seite und auf der anderen Seite schickte Embiid Winslows Wurf zurück zum Absender. In der Pressekonferenz sagte Embiid dazu etwas, das mich zum Schmunzeln brachte.: „Justise hat etwas Müll geredet nach dem Block. So etwas macht man nicht mit mir. Das sollte er eigentlich wissen.“

Die Heat müssen sich für Spiel 4 am Samstag etwas einfallen lassen, denn sonst können sie bald ihren Urlaub planen. Spielerisch sind die Heat den Sixers nämlich unterlegen. 18 Dreier haben sie bei den beiden Niederlagen in Spiel 1 und 3 kassiert. Viel zu viele! Die Heat müssen also über den Kampf zum Spiel finden, wenn sie diese Saison nach Samstag noch ein weiteres Mal in Miami spielen wollen. Ich erwarte einen verbissenen Kampf und tatsächlich einen Sieg der Heat.

Der Autor:
Dean Walle ist Basketball-Journalist in den USA und schreibt direkt aus den Staaten für BASKET. Mit spitzer Feder und sportlichem Sachverstand nimmt er die Geschehnisse der besten Basketball-Liga der Welt in seiner neuen BASKET-Kolumne unter die Lupe.