Seit Februar 2017 ist Magic Johnson der neue Präsident der Los Angeles Lakers. Und als solcher hat er sich Großes vorgenommen. Er will seine Franchise wieder zurück zu großen Erfolgen führen, zurück in die große Zeit, die Legenden wie er selbst, Kobe oder Shaq geprägt haben. Aber kann er Erfolg haben? Fest steht: Menschen für etwas zu begeistern, sie auf seine Seite zu ziehen, das kann Magic. Das hat er im Umgang mit seiner HIV-Erkrankung eindrucksvoll unter Beweis gestellt. BASKET blickt zurück auf das legendäre All Star Game von 1992, als Magic Johnson trotz fünf Ringen seinen vielleicht größten Erfolg feierte.

Kein einziges Saisonspiel hatte Magic Johnson 1991/92 aufgrund seiner HIV-Infektion gespielt, dennoch wählten ihn die Fans ins All Star Game. Trotz einiger böser Stimmen trat die Lakers-Legende an – und machte das Spiel in Orlando für immer unvergesslich.

Sportlich gesehen war es wahrscheinlich einer der unwichtigsten Würfe aller Zeiten, den „Magic“ Johnson da gerade verwandelt hatte. Mit 37 Punkten führte sein Team, die All Stars der Western Conference im All Star Game von 1992 gegen die Konkurrenz aus dem Osten. Trotzdem setzte der Guard der Los Angeles Lakers 14 Sekunden vor dem Ende der Partie noch mal zum Dreier gegen Isiah Thomas an – und traf! Riesenjubel beim 32-Jährigen über einen Wurf, der am Spielausgang überhaupt nichts mehr änderte. Doch auch seine Kollegen stimmten ein: Binnen Sekunden bildete sich an der Mittellinie eine große Spielertraube, die mit Magic feierte und ihm gratulieren wollte. Der orangene Spalding wurde am Korb der Eastern Conference nicht mehr ins Spiel gebracht, trotz Restspielzeit wurde die Partie beendet. Es war wie der Höhepunkt eines großen Spiels, als von den 14.727 Zuschauern in der Arena von Orlando Standing Ovations in Richtung Court donnerten. Ein Gänsehaut-Moment, den weder Magic Johnson noch alle, die dabei waren, je vergessen werden.

Wenn sich der heute 57-Jährige an das Duell der besten Basketballer der Welt erinnert, kommt sein großes, weltberühmtes Lächeln zum Vorschein. „Auf dem Court herumgeschubst zu werden, um Bälle zu kämpfen, Ellbogen abzubekommen, das war eigentlich das Allerschönste“, sagt er. „Charles Barkley hat mich mal richtig erwischt. Dennis Rodman hat mich auf den Boden geworfen. Das hat sich gut angefühlt, denn das hatte ich unglaublich vermisst“, erinnert sich Johnson. Denn dass er an diesem 9. Februar 1992 auf dem Hardwood stehen könnte, das hätte gut drei Monate vorher niemand für möglich gehalten. Am 7. November 1991 hatte Magic die erschütternde Pressekonferenz gegeben, in der er erklärte, sich mit HIV angesteckt zu haben, wahrscheinlich beim Sex mit Groupies, wie sich später herausstellte. Er müsse vom aktiven Sport zurücktreten, erklärte der Showtime-Playmaker der Lakers-Mannschaft, die in den 80er-Jahren fünf Mal NBA-Champion geworden war.

In den frühen 90er-Jahren standen die Überlebenschancen für Patienten mit HIV schlecht, ein Aids-Ausbruch bedeutete den sicheren, oft auch recht schnellen Tod. Doch für Magic kam Trübsal nicht infrage. „Ich habe vor, noch sehr lange zu leben“, sagte er auf seiner Pressekonferenz. Doch die Karriere war erst mal vorbei. „Hätte ich gespielt, hätte das auch der Liga schaden können“, meinte der Hall-of-Famer später. Doch das sahen die Fans anders: Ohne dass Johnson ein Saisonspiel absolviert hatte, wählten ihn seine Anhänger ins All Star Game – als Reservisten. „Dass die Fans mich gewählt haben, hat mir die Welt bedeutet. Nicht nur, weil ich unbedingt spielen wollte. Ich habe es auch für meine Therapie gebraucht, dieses Wissen, dass ich es immer noch drauf habe“, erklärt die Assist-Maschine heute.

Die Augen geöffnet
Einige Spieler machten sich Sorgen, besonders Karl Malone sprach sich aus Angst vor der Krankheit gegen den Einsatz Magics aus. Erst als Johnsons langjähriger Freund Isiah Thomas eine Spielerkonferenz einberief, willigten die Stars ausnahmslos ein. Und noch mehr: Tim Harda-way, immerhin mit den zweitmeisten Stimmen des ganzen Votings ausgestattet, verzichtete auf seinen Starter-Spot, damit Johnson beim Tip-Off auf dem Court sein konnte.

Auf dem Court war Magic exakt so, wie ihn die Fans und Medien aus seinen besten Zeiten kannten. 25 Punkte, neun Assists und fünf Rebounds machten ihn am Ende sogar zum MVP, schon nach seinen drei Treffern von „Downtown“ in den letzten Minuten hatte niemand mehr an der Auszeichnung gezweifelt. Doch die Bedeutung dieses Tages war wesentlich größer, als es Trophäen jemals ausdrücken könnten. Magic Johnson hatte der Welt gezeigt, dass HIV nicht das Ende des Lebens sein muss. „Ich wollte zwei Botschaften vermitteln. Zum einen, dass auch Leute mit diesem Virus produktiv leben können, springen, laufen, alles. Und: Die anderen müssen sich keine Sorgen machen, denn man kriegt es nicht durch Küssen, Umarmen oder sonstige Berührungen“, so Johnson. Ein kleiner Held des All Star Games war Dennis Rodman. Der spätere Bulls-Star, zu dieser Zeit noch in Diensten der Pistons, verteidigte Johnson, suchte den Körperkontakt und zeigte damit allen, dass keine Gefahr einer Ansteckung besteht. „In der Nacht davor hatte ich keine Sekunde geschlafen, geweint und gebetet, dass mich die anderen Spielern noch akzeptieren“, gab Johnson später zu.

Die Angst war zwar nicht unbegründet, spätestens im Laufe der Partie dann aber verflogen. Magic lachte, er spielte tollen Basketball, gab Traum-Assists, machte aber auch Fehler. Ganz so, wie das ein normaler Mensch eben macht. Es waren tolle Botschaften, die in die Welt hinaus gingen. Ein Basketballer als Botschafter einer Krankheit, bei der die Furcht immer noch ungleich größer als die Aufklärung und die Erforschung waren. Das änderte sich im Laufe der Zeit, unter anderem wegen Magic. „Ich glaube, dass im Leben alles aus einem Grund passiert. Magic war die eine Person, die mit dieser Krankheit so unglaublich ehrenvoll umgehen würde, dass er dazu noch eine Aufmerksamkeit generiert, die anderen Menschen hilft“, sagt Kobe Bryant im Rückblick. „Seine Rückkehr hat vielen Leuten die Augen geöffnet und uns allen einiges beigebracht. Und genau das ist, was die großen Anführer tun“, ergänzt Tom Thibodeau.

Das Leben von Magic Johnson zu beenden, hat HIV bis zum heutigen Tag nicht geschafft. Und auch wenn er noch Teil des Dream Teams war und später für ein Kurz-Comeback in die Liga zurückkehrte, markiert das All Star Game von 1992 für viele Menschen das Ende der faszinierenden Karriere des Earvin „Magic“ Johnson. Ein Ausrufezeichen, das die Welt verstand. Ausgelöst von einem Basketballspieler, der noch heute um die Bedeutung dieses Tages weiß. „Es war das perfekte Ende der Story. Es war, als würde ich selbst an der Tastatur sitzen und würde schreiben. Das ist mein Ende. Punkt.“

Der Artikel wurde als Original in unserer aktuellen Ausgabe veröffentlicht.