Ein ganzer Basketball-Planet hat sich einst in den furchtlosen Jungen im Bulls-Trikot mit der Nr. 1 verliebt. Doch das ist lange her. Auch nach dem Wechsel zu den Knicks kann Derrick Rose nicht an seine Glanzzeiten anknüpfen. Und vielleicht wäre es das Beste, wenn alle sich mit diesem Zustand endlich anfreunden würden.

Pass, Pass, Pass – dann haben die New York Knicks den freien Schützen in der Ecke gefunden. Noch gut vier Minuten sind im ersten Viertel des Duells gegen die Milwaukee Bucks im Madison Square Garden zu spielen, als Derrick Rose den Spalding in der linken Ecke in die Hand bekommt. Ein kurzes Schulterzucken nach rechts, dann hat die Nr. 25 der Knicks Mirza Teletovic, der ihn beim Dreier contesten wollte, stehen gelassen und zieht an der Baseline zum Korb. Kurz vor der Zone nimmt Rose die Kugel in beide Hände, drückt sich mit zwei Schritten kräftig vom Boden ab und … Boom! Two-handed Slam! Rose stopft den Ball beinahe ungestört durch die Reuse und gleicht auf die athletischste aller Arten zum 19:19 aus. Ein Vintage-Rose aus seiner besten Zeit, sozusagen.

Gut eineinhalb Stunden später: Die Knicks liegen vorne, 104:103, noch acht Sekunden sind auf der Uhr. Die Bucks haben Einwurf von der Seite und wollen den Sieg. Der Ball geht in die Hände von Giannis Antetokounmpo. Der „Greek Freak“ postet auf, die Uhr stets im Blick. Noch vier Sekunden, drei, zwei – dann drückt Giannis ab. Der Lärm in der bekanntesten Basketball-Halle der Welt endet abrupt, als der Ball den Weg in den Korb findet. Buzzer, Ball-game, die Bucks gewinnen im MSG mit 105:104. Während Antetokounmpo von seinen Teamkollegen am eigenen Korb fast erdrückt wird, blickt man bei den Knicks in leere Gesichter. Manche flüchten in die Kabine, andere bleiben mit fragendem Blick auf dem Court – diese Niederlage hat wehgetan. Und Rose? Der Point Guard der New Yorker muss mit dem Vorwurf leben, mitverantwortlich für die Niederlage zu sein. Kurz zuvor hatte er bei einem Einwurf den Ball bekommen, die Bucks hätten nur noch foulen können. Doch im Duell mit Antetokounmpo verlor Rose den Ball und bescherte den Bucks den Einwurf, der zum Sieg führte. „Ich hatte den Ball sicher in der Hand und habe einen Schlag auf den Arm bekommen. Aber ich bekomme den Pfiff nicht, deswegen habe ich auch das Spiel verloren“, sagt Rose nach der Partie. Der Frust sitzt auch bei ihm tief.

Die große Show machen jetzt andere
Es war ein Moment, der exemplarisch stand für das, was Derrick Rose auch in dieser Saison wieder verkörpert. Einzelne Szenen, einzelne Augenblicke, einzelne Plays – für sie kann der MVP von 2011 immer noch in die Rolle des Superstars und Über-Spielers schlüpfen, in der er die ganze Basketball-Welt einst verzaubert hat. Doch die große Bühne ist nicht mehr für ihn reserviert. Die großen Plays, die Buzzerbeater, die Gamewinner – dafür sind mittlerweile andere zuständig. Was einst Derrick Rose für die NBA war, das sind nun Curry, Davis, Harden, Thomas, Lillard, Butler oder eben Antetokounmpo. Die jungen Wilden – oder solche, die zumindest so wirken – haben dem Top-Pick von 2008 mittlerweile deutlich den Rang abgelaufen. Und vielleicht ist es, bei der Bewertung seines Spiels und all der Hoffnung, die viele Fans immer noch in ihn stecken, besser, genau das zu akzeptieren. Der Derrick Rose von heute ist ein überdurchschnittlicher Point Guard der NBA. Doch dass er noch einmal mehr wird, ist schwer vorstellbar. „Dass ein Sportler ein Schicksal durchmacht wie Derrick Rose und trotzdem noch auf diesem Level spielen kann, ist fantastisch. Aber dennoch hat er einen Knick in seiner Karriere gehabt wie nur wenige andere in der Geschichte der NBA“, schreibt Maxwell Ogden bei „FOX Sports“.

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