Mit dem Wechsel in seine Heimat zu den Chicago Bulls erfüllt sich D-Wade einen Lebenstraum. Doch das ist nur möglich, weil der Guard in den letzten Jahren eine Entwicklung durchgemacht hat, zu der in der NBA-Historie nur Legenden wie Kobe, MJ und Co. fähig waren.

Es ist faszinierend. Man sieht sie nicht, kann sie sich selbst mit exzellenter Vorstellungskraft nicht veranschaulichen, obwohl wir tagtäglich damit zu tun haben und extrem auf sie angewiesen sind. Doch unser Gedächtnis und die darin gespeicherten Erinnerungen sind nicht greifbar. Haben kein Gesicht, keine Form, keine Erscheinung. Sie sind in unserem Kopf, ein Teil des Gehirns. Mysteriös, rätselhaft. Denn was der Mensch nicht sieht, kann er sich schlecht vorstellen und nicht gut verstehen.

Erinnerungen sind das mentale Wiedererleben früherer Erfahrungen. Wir wissen, wie ein Basketball gedribbelt wird, welches Geräusch ein erfolgreicher, butterweicher Jumper ohne Ringberührung im Netz verursacht, dass ein Freiwurf nur einen Punkt zählt, dass Miami in Florida liegt und die Heat das dort ansässige NBA-Team sind. Und wenn wir an diese Mannschaft denken, wenn die in Verbindung mit ihr abgespeicherten Erinnerungen in Sekundenbruchteilen abgerufen werden, denken wir unweigerlich an ihn. The Man. The Face of the Franchise. Flash. Unser Gedächtnis und unsere Erinnerungen schreien: Dwyane Wade. So wie sie bei Michael Jordan immer „Chicago Bulls“ rufen werden. Doch Dwyane „Mister Heat“ Wade spielt nun plötzlich bei ebendiesen „Jordan Bulls“. Das Bild des 1,93 Meter großen Modellathleten im Miami-Trikot ist nur eine Erinnerung an vergangene Tage.

„Es fühlt sich an, als hätte der gesamte Club versagt!“, sagt Evan Proctor, seit 13 Jahren „Die hard“-Heat-Fan, obwohl er in Chicago geboren ist. „Als ich 2003 nach Miami gekommen bin, war da dieser Rookie mit seinem furchtlosen Game und unerschütterlichen Selbstvertrauen. Ich war sofort mit dem Heat-Virus infiziert. Er hat sich seitdem in jedem Spiel aufgerieben, alles für Miami gegeben, in erfolgreichen wie in miesen Zeiten. Dwyane Wade hat den Club zu dem gemacht, was er heute ist – eine Top-Adresse mit mehreren NBA-Championships. Und das soll es jetzt einfach gewesen sein? Die Franchise lässt diesen überragenden Mann gehen, nein, scheucht ihn fast vom Hof? Ich bin zutiefst erschüttert!“

So wie Evan geht es Tausenden Heat-Fans. Sämtliche Wade-Merchandise-Artikel waren im Fanshop in kürzester Zeit ausverkauft, jeder wollte noch eine letzte Erinnerung an den größten Spieler der Club-Geschichte und das Gesicht der Heat der vergangenen 13 Jahre. An den Mann, der nach zig Verletzungen und mit maroden Knien schon mehrfach in die Rente geschrieben wurde, nur um in den 2016er-Playoffs einmal mehr mit 21,4 Punkten mit Abstand Miamis Top-Performer zu sein und maßgeblichen Anteil daran zu haben, dass sich die Florida-Truppe erst in Spiel 7 der zweiten Runde den Raptors geschlagen geben musste. Zum Vergleich: Goran Dragic war mit 16,5 Zählern zweiterfolgreichster Scorer …

Weiterlesen? Das könnt ihr in der neuen BASKET-Ausgabe 09-10/2016 (seit 17. August am Kiosk).
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