Die Fans der Oklahoma City Thunder kamen in die ausverkaufte Chesapeake Energy Arena, um den Finaleinzug von Durant, Westbrook und Co zu sehen. Doch trotz langer Führung war ihnen dies nicht vergönnt. Die Golden State Warriors schafften das Comeback, gewannen am Ende 108:101 und die Fans sahen statt des Finaleinzugs ihrer Thunder eine historische Dreier-Show von Klay Thompson, der mit elf „Threeballs“ eine nie dagewesene Playoff-Leistung zeigte. Mit diesem Sieg gleichen die „Dubs“ die Serie aus und es kommt zu Spiel sieben. Doch wer wird dieses nun gewinnen? Ein Faktencheck.

Steph Curry von den Golden State Warriors zieht im NBA-Spiel gegen Oklahoma City an Gegenspieler Serge Ibaka vorbei.

Steph Curry und Serge Ibaka wollen in dieser Nacht ihre Saison verlängern – das geht nur mit einem Sieg.
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Unabhängig von Zahlen schlägt das Pendel nun natürlich für die Kalifornier aus. Man muss kein Psychologe sein, um zu verstehen, dass der Ausgleich nach einem 1:3-Serienrückstand dem Team von Steve Kerr ungemeines Selbstvertrauen verleiht. OKC hingegen hat es nun schwer. Nach zwei vergebenen Matchbällen droht dem Finalisten von 2012 nun eine starke Verkrampfung, weil man mit sich selbst hadert.

Die Golden State Warriors haben in Spiel sieben ein Heimspiel und die Oracle Arena ist eine Festung. Am 1. April ging eine 54 Spiele andauernde Serie ohne Heimniederlage gegen die Boston Celtics zu Ende. Oklahoma war das einzige Team der gesamten Postseason, das die Warriors in ihrer Heimstätte schlagen konnte. Gleich in Spiel eins stahl man den Sieg und baute so Druck auf.

Es sollte nicht vergessen werden, dass das Team von Billy Donovan sehr viel richtig gemacht hat in dieser Serie. Die Defense gegen den amtierenden Meister war in den meisten Spielen äußerst effektiv. Man verteidigte gegen Steph Curry in einem Teamkonzept und nicht in einem Eins-gegen-Eins. Der einstimmig gewählte MVP traf gegen OKC 25 seiner 65 Versuche (38,5%) von „Downtown“. In der Regular Season waren es für Curry noch 45,4 %. Klay Thompson wird nun für seine elf Dreier vollkommen berechtigt gefeiert, aber vor seiner Gala in Spiel sechs war seine Dreierqoute mit 13/43 (30,2%) ausgesprochen schwach und ein weiterer Indiz dafür, dass die Perimeter-Defense der Thunder funktioniert.

Insgesamt lässt sich konstatieren, dass OKC die Dinge, die sie in dieser Serie stark gemacht haben, zuletzt, sicherlich auch aus nervlicher Anspannung, verloren haben. Es war ihr Team-Basketball, die starke Einbindung von Andre Roberson, Serge Ibaka und Dion Waiters in die Offense, der sie so schwer ausrechenbar machte.

In den letzten beiden Spielen kam Waiters auf lediglich 4,5 Korbversuche im Schnitt, in den drei Spielen zuvor waren dies noch 9,6. Ibaka nahm bei den Siegen in der Serie 11,6 Würfe, in Spielen, die mit einer Niederlage endeten, jedoch nur 8,6. Bei Andre Roberson belaufen sich diese Werte auf acht Korbversuche bei Erfolgen beziehungsweise fünf bei Misserfolgen. Die Order für Spiel sieben müsste demnach klar sein: Nicht Durant und Westbrook alleine sollten die Offense liefern, sondern eine frühe Einbindung der restlichen „Teammates“ ist ein Erfolgsrezept.

Natürlich lieferten die beiden Superstars der Thunder, individuell gesehen, auch in Spiel fünf und sechs starke Leistungen ab, aber die Teamchemie, das Mannschaftsgefüge, verlor an Schlagkraft durch die vielen „Isolations“ der beiden All Stars.

Draymond Green ist wieder in Normalform oder zumindest in der Nähe dieser. In Spiel drei und vier war der bullige, aber etwas zu klein geratene Power Forward, ein Totalausfall, den sein Team nicht kompensieren konnte. Für das alles entscheidende Spiel sieben wird es einen Draymond Green in Normalform brauchen. Wenn er sich in einem Matchup gegen „KD“ wiederfindet, gibt es durchaus Probleme für den Defensivspezialisten.

Durant ist schneller und größer und kann sich jederzeit einen eigenen Wurf kreieren oder zum Korb ziehen. In dieser taktischen Konstellation verzichtet das längste Team der NBA, das dann Ibaka auf der Centerposition hat, auf einen seiner größten Trümpfe, die Dominanz an den Brettern, die unter anderem durch Steven Adams oder Enes Kanter generiert wird. 48,3 Rebounds stehen 42,7 Rebounds der Warriors gegenüber. In Sachen Turnover geben sich die beiden Teams nichts: 14,8 (Warriors) zu 14,5 (Thunder) Ballverluste im Schnitt sind jeweils viele und das Resultat einer schnellen, spektakulären und riskanten Spielweise. Aber auch das Resultat guter Verteidiger wie Russell Westbrook, der Point Guard hat in dieser Serie bereits 24 Steals gesammelt. Die meisten aller Spieler. Alle 9,5 Minuten klaut „Russ“ einem Warrior den Ball.

Coach Billy Donovan muss zwischen einem kleineren und schnelleren Line-Up, das gut von außen schießen kann und einem größeren reboundstarkem Line-up, das auch den Korb gut beschützen kann, variieren. Bei den Blocks dominiert OKC die „Dubs“ sehr deutlich mit 6,3 zu 3,8 „Rejections“. Die Franchise aus Oakland trifft dank der „Splash Brothers“ wenig überraschend 38,6% seiner Dreier in den Playoffs, während es bei den Thunder nur 33% sind.

Spiel sieben wird ein wahres Spektakel. Alles ist angerichtet und die Spannung steigt in der Nacht von Montag auf Dienstag (3:00 Uhr MEZ) ins Unermessliche. Und es wird sehr viel von den Leistungen der großen Vier abhängen: Kevin Durant, Russell Westbrook, Steph Curry und Klay Thompson. Aber wichtiger sind die kleinen taktischen Kniffe der Coaches Steve Kerr und Billy Donovan. Kann der eine den anderen noch einmal so überraschen, wie dies dem Thunder-Coach mit seinem Schachzug, Durant auf die „Vier“ zu stellen, in Spiel drei gelang? Funktioniert die Perimeter-Defense, die in Spiel sechs 21 Dreier kassierte, wieder wie in den vorherigen Spielen? Und was zeigt Draymond Green, eine Triple-Double-Performance, wie in 13 Spielen der Regular Season, oder kommt er auf ein Plus-Minus-Rating von -73, wie kummuliert in Spiel drei und vier. Entscheiden Rebounds, Blocks, Turnover oder Dreier die Partie? Morgen wissen wir es … und wir wissen noch mehr, nämlich, wer der Finalgegner der Cleveland Cavaliers sein wird.